Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 330

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 gründet. Bey dem Begriffe einer Substanz hört der Begriff der Ursache      
  02 auf. Sie ist selbst Ursache, aber nicht Wirkung. Wie soll auch etwas      
  03 Ursache einer Substanz außer ihm seyn, so daß diese auch durch jenes      
  04 seine Kraft fortdauerte? Denn da würden die Folgen der letztern blos      
  05 Wirkungen der erstern seyn, und die letztere wäre also selbst kein letztes      
  06 Subject.      
           
  07 Der Satz: Alles Zufällige hat eine Ursache, sollte so lauten: Alles,      
  08 was nur bedingter Weise existiren kann, hat eine Ursache.      
           
  09 Eben so die Nothwendigkeit des entis originarii ist nichts, als die      
  10 Vorstellung seiner unbedingten Existenz. — Nothwendigkeit aber bedeutet      
  11 mehr, nämlich daß man auch erkennen könne, und zwar aus      
  12 seinem Begriffe, daß es existire.      
           
  13 Das Bedürfniß der Vernunft, vom Bedingten zum Unbedingten      
  14 aufzusteigen, betrifft auch die Begriffe selbst. Denn alle Dinge enthalten      
  15 Realität, und zwar einen Grad derselben. Dieser wird immer als nur      
  16 bedingt möglich angesehen, nämlich so fern ich einen Begriff vom      
  17 realissimo, wovon jener nur die Einschränkung enthält, voraussetze.      
           
  18 Alles Bedingte ist zufällig, und umgekehrt.      
           
  19 Das Urwesen, als das höchste Wesen (realissimum), kann entweder      
  20 als ein solches gedacht werden, daß es alle Realität als Bestimmung in      
  21 sich enthalte. — Dies ist für uns nicht wirklich, denn wir kennen nicht alle      
  22 Realität rein, wenigstens können wir nicht einsehen, daß sie bey ihrer      
  23 großen Verschiedenheit allein in einem Wesen angetroffen werden könne.      
  24 Wir werden also annehmen, daß es ens realissimum als Grund sey, und      
  25 dadurch kann es als Wesen, was uns gänzlich, nach dem, was es enthält,      
  26 unerkennbar ist, vorgestellt werden.      
           
  27 Darin liegt eine vorzügliche Täuschung, daß, da man in der transcendentalen      
  28 Theologie das unbedingt existirende Object zu kennen verlangt,      
  29 weil das allein nothwendig seyn kann, man zu allererst den unbedingten      
  30 Begriff von einem Object zum Grunde legt, der darin besteht, daß alle      
  31 Begriffe von eingeschränkten Objecten, als solchen, d.i. durch anhängende      
           
           
           
     

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