Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 263 |
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01 | dagegen ein Rückgang, welcher weise und der Metaphysik vorteilhaft | ||||||
02 | gewesen seyn würde, wenn er nur bis zum Anfangspunkte des Ausganges | ||||||
03 | gereicht wäre, aber nicht um dabey stehen zu bleiben mit der Entschließung, | ||||||
04 | keinen Fortgang ferner zu versuchen, sondern ihn vielmehr | ||||||
05 | in einer neuen Richtung vorzunehmen. | ||||||
06 | Dieser, alle ferneren Anschläge vernichtende, Rückgang, gründet sich | ||||||
07 | auf das gänzliche Mißlingen aller Versuche in der Metaphysik. Woran | ||||||
08 | aber konnte man dieses Mißlingen und die Verunglückung ihrer großen | ||||||
09 | Anschläge erkennen? Ist es etwa die Erfahrung, welche sie widerlegte? | ||||||
10 | Keineswegs! Denn was die Vernunft als Erweiterung a priori von ihrer | ||||||
11 | Erkenntniß der Gegenstände möglicher Erfahrung, in der Mathematik | ||||||
12 | sowohl, als in der Ontologie sagt, das sind wirkliche Schritte, die vorwärts | ||||||
13 | gehen, und wodurch sie Feld zu gewinnen sicher ist. Nein, es sind | ||||||
14 | beabsichtigte und vermeynte Eroberungen im Feld des Übersinnlichen, | ||||||
15 | wo vom absoluten Naturganzen, was sein Sinn fasste, imgleichen von | ||||||
16 | Gott, Freyheit und Unsterblichkeit die Frage ist, die hauptsächlich die | ||||||
17 | letztern drey Gegenstände betrifft, daran die Vernunft ein praktisches | ||||||
18 | Interesse nimmt, in Ansehung deren nun alle Versuche der Erweiterung | ||||||
19 | scheitern, welches man aber nicht etwa daran sieht, daß uns eine tiefere | ||||||
20 | Erkenntniß des Übersinnlichen, als höhere Metaphysik, etwa das Gegentheil | ||||||
21 | jener Meynungen lehre, denn mit dem können wir diese nicht vergleichen, | ||||||
22 | weil wir sie als überschwenglich nicht kennen, sondern weil in unserer | ||||||
23 | Vernunft Prinzipien liegen, welche jedem erweiternden Satz über diese | ||||||
24 | Gegenstände einen, dem Ansehen nach, ebenso gründlichen Gegensatz | ||||||
25 | entgegen stellen, und die Vernunft ihre Versuche selbst zernichtet. | ||||||
26 | Dieser Gang der Sceptiker ist natürlicher Weise etwas spätern | ||||||
27 | Ursprungs, aber doch alt genug, zugleich aber dauert er noch immer | ||||||
28 | in sehr guten Köpfen allenthalben fort, obwohl ein anderes Interesse, als | ||||||
29 | das der reinen Vernunft, Viele nöthiget, das Unvermögen der Vernunft | ||||||
30 | hierin zu verhehlen. Die Ausdehnung der Zweifellehre, sogar auf die | ||||||
31 | Prinzipien der Erkenntniß des Sinnlichen, und auf die Erfahrung selbst, | ||||||
32 | kann man nicht füglich für eine ernstliche Meynung halten, die in irgend | ||||||
33 | einer Zeitalter der Philosophie statt gefunden habe, sondern ist vielleicht | ||||||
34 | eine Aufforderung an die Dogmatiker gewesen, diejenigen Prinzipien | ||||||
35 | a priori, auf welchen selbst die Möglichkeit der Erfahrung ruht, zu beweisen, | ||||||
36 | und da sie dieses nicht vermochten, die letztere ihnen auch als | ||||||
37 | zweifelhaft vorzustellen. | ||||||
38 | Der dritte und neueste Schritt, den die Metaphysik gethan hat, und | ||||||
39 | der über ihr Schicksal enscheiden muß, ist die Kritik der reinen Vernunft | ||||||
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