Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 633 |
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01 | Freunde macht so und erzwungene Unterwerfung selbstverachtung und | ||||||
02 | Hochpreisung seiner eines Mächtigen treulose Unterthanen und selbst die | ||||||
03 | Monarchen mehr auf die innere Hochschätzung der Heiligkeit, die dem | ||||||
04 | Oberhaupt der öffentlichen Gerechtigkeit und Ordnung zukommt, als auf | ||||||
07 | dem Ansehen bekleidet ist, allein Gnaden auszutheilen und zu entziehen, | ||||||
08 | ist ein Pfaffe. Die Hochachtung für die eingeführte Religionsübung wird | ||||||
09 | immer bleiben, selbst wenn keine 39 Artikel beschworen werden. | ||||||
10 | Es ist ein großer Unterschied zwischen der Erklärung seiner Meynung | ||||||
11 | in Ansehung dessen der Frage, was eine Sache und ist und der, wie | ||||||
12 | diese Sache zuerst introducirt worden. In der besten bürgerlichen Verfassung | ||||||
13 | herrscht viel Ungewisheit in Ansehung der Frage, wie sie introducirt | ||||||
14 | worden, ob durch einen ursprünglichen Contract, ob durch allmählige | ||||||
15 | revolution oder eine fremde Gewalt Allein darinnen. Hierüber | ||||||
16 | mögen Gelehrte immer disputiren, Bürger wenn sie nur darinn einig | ||||||
17 | seyn, daß eine ihnen heilsame Verfassung, wenn sie einmal da ist, müsse | ||||||
18 | heilig gehalten werden. Alle Wunder gehören zu den Mitteln der Introduction, | ||||||
19 | welche uns historisch mitgetheilt werden müssen. Das, was alle | ||||||
20 | Welt wissen muß, weil jedermann darnach handeln soll, muß sich auch unabhängig | ||||||
21 | vom Historischen, folglich von Gelehrsamkeit, erhalten lassen | ||||||
22 | und im practischen bestehen. Man kan also alle Wunder bezweifeln, ohne | ||||||
23 | sie zu be für unmöglich auszugeben und darum zu leugnen, ja auch nur | ||||||
24 | die Aufrichtigkeit der Erzähler, deren Moralität besser als historische Critik | ||||||
25 | cultivirt war, verdächtig zu machen: Und doch der Religion als einer, die | ||||||
26 | solcher Wunder ganz wohl fähig würdig war, innigst anhänglich seyn. | ||||||
27 | Er läßt sie in ihrem Werthe für jedermann. Die Religion (practisch) gewinnt | ||||||
28 | durch diese Denkungsart. | ||||||
8090. ψ3--ψ4. L Bl. G 14. S. I und II. R III 46--48. S. I: |
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30 | Religion. | ||||||
31 | Die Nothwendigkeit, Menschen der Religion halber durch einen Grund | ||||||
32 | zu versammeln, der für sie alle auch ohne Einsicht gnugsames und zwar | ||||||
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