Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 630 |
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01 | Satzungen los zu machen); aber an sich selbst ist dem Menschen | ||||||
02 | nichts mehr nöthig als zu wissen, wie er sich dieser Beyhülfe würdig mache. | ||||||
03 | Damit wegen der vorher begangenen Sünden, deren Schuld er nicht | ||||||
04 | tilgen kann, sich nicht durch abergläubische Mittel zu befriedigen suchte, | ||||||
05 | so wurde das Verdienst einer Persohn im nahmen des Menschlichen Geschlechts | ||||||
06 | vorgestellt, damit der Mensch jetzt keine andre Gnugthuung selbst | ||||||
07 | suchte, als in einem ganz neuen Lebenswandel. | ||||||
8087. ρ--σ? χ? L Bl. G 8. R III 29. |
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09 | S. I: | ||||||
10 | Von allem, was zur Bildung der Seele gehöret, ist nichts dem Charakter | ||||||
11 | verderblicher als ein falscher verkehrter und an sich heuchlerischer | ||||||
12 | Begrif von Religion, nach welchem man die moralische Gesetze als bloße | ||||||
13 | willkührliche gottliche Befehle ansieht und, deren verbindende Gewalt im | ||||||
14 | Willen des Oberherrn besteht, ansieht, und die Religion in eine oder andere | ||||||
15 | Art von Gunstbewerbungen setzt, um sich in Ansehung seiner Handlungen | ||||||
16 | Vergünstigung Nachsicht und Straflosigkeit auszuwirken. Alles Man kan | ||||||
17 | daß alles Diese Gunstbewerbungen sind alles was bestehen überhaupt | ||||||
18 | in dem man darin, daß man etwas anderes als den guten Lebenswandel, | ||||||
19 | wenigstens die ernstliche Bemühung zu demselben, vor dienlich tauglich | ||||||
20 | hält, des hochsten Wesens Gunst zu erwerben; (dieses andere Mittel mag | ||||||
21 | nun der Religionswahn ausgedacht haben setzen, worin er wolle, hiedurch | ||||||
22 | erlischt aller Charakter im Guten, und wenn nicht noch mehrentheils die | ||||||
23 | Gutartigkeit des Gemüths und eine Anlage zum Charakter zurückhielte, | ||||||
24 | so würde dieses principium alle Keime des Guten vernichten.) Hiedurch | ||||||
25 | verschwindet die innere moralische Gesinnung und das gute steckt alsdann | ||||||
26 | nicht im Charakter, sondern in der vermeintlichen klügsten Art der Einschmeichlung, | ||||||
27 | um die auch ohne die reinigkeit der Gesinnungen die Glückseeligkeit | ||||||
28 | durch zu erschleichen. | ||||||
29 | Es mag immer die großte Bestrebung im guten Lebenswandel mangelhaft | ||||||
30 | seyn und Erganzung erfodern, so ist d kan doch kein anderes Mittel | ||||||
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