Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 580 |
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01 | Gebräuchen besteht wie bey Griechen und Römern, da ist sie ein Theil der | ||||||
02 | Staatsregirung durch Aberglauben und da hat der Staat recht, einen | ||||||
03 | aberglauben zu privilegiren. | ||||||
04 | Wenn sie aber in Gesinnungen und moralischen Grundsätzen besteht, | ||||||
05 | für deren wahrhaftigkeit das Gewissen stehen muß; wo sie in Begriffen | ||||||
06 | besteht, die die Vernunft allein sich machen kann, die niemals nachahmend | ||||||
07 | sondern selbst denkend seyn muß, wenn sie die moralische Gesinnung bestimmen | ||||||
08 | soll, da kan man sich nach keiner Regirung als der moralischen | ||||||
09 | Richten, die Gott allein führen kann. Doch kan der Souverain negativ | ||||||
10 | vieles anordnen. | ||||||
8006. ψ3--4. J 120. 121. |
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12 | 120: | ||||||
13 | Alles ist unter der Würde des Souverains, wo er gegen das Volk | ||||||
14 | Unrecht haben kann und also der Vernunft nach dem Urtheile des Volkes | ||||||
15 | unterworfen ist. Nun kann er in der Religionsbestimmung unrecht haben; | ||||||
16 | folglich muß er sie dem Volke (dem publicum) überlassen. Noch mehr | ||||||
17 | ist es unter seiner Würde, 121: die Placita seiner Unterthanen durch | ||||||
18 | sein Gesetzgebendes Ansehen zu bestärken, denn alsdenn ist er ein Werkzeug | ||||||
19 | der Gesetzgebenden Macht der Geistlichen (die er nicht Priester zu | ||||||
20 | werden erlauben darf). | ||||||
8007. ψ3--4. J 121. |
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22 | Zum Staat gehört außer dem summo imperante civili noch ein | ||||||
23 | summus imperans universi. Von dem aber Gefragt wird, ob die Unterthanen | ||||||
24 | diesem Unmittelbar nach ihren Begriffen oder nach der Vorschrift | ||||||
25 | des imperantis civilis (der doch hier auch subditus ist) dienen sollen. | ||||||
26 | In Ansehung der natürlichen Religion kan und muß der imperans | ||||||
27 | Civilis alle Freyheit geben, weil das Volk diese Freyheit als zur Pflicht | ||||||
28 | der Menschheit gehörig selbst nicht aufgeben kan. | ||||||
8008. ψ? χ? J 124. |
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30 | Der Staat kann verhindern, daß niemand anders lehre, als worauf | ||||||
31 | er berufen worden, aber kann nicht verhindern, daß nicht jedermann vorschläge | ||||||
32 | zur allgemeinen Verbesserung öffentlich thue. | ||||||
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