Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 553

     
           
 

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  01 es auch thun, so ist er durch das Recht anderer ohne seine Einwilligung      
  02 der Strafe unterworfen. Sonst müßt man sagen, er sey verbunden      
  03 sich freywillig zwingen zu lassen. Da alsdenn das Übel, was ihm      
  04 begegnete, gar kein Zwang und also auch keine strafe wäre, sondern wie      
  05 etwa reuigte Sünder ihre Schuld bezahlen wollen und sich dem Richter      
  06 selber offeriren.      
           
   

 

7917.   υ--χ? ω?   J 183.
 
     
  08 Wenn das Recht am Leben zu strafen als von einem pacto des      
  09 Ganzen Volks mit jedem einzelnen betrachtet werden sollte, so würde man      
  10 vielmehr sagen, es könnte nicht als gerade die Todesstrafe verhängen.      
  11 Denn thäte die Nation es nicht, so würde sie anderen gleichsam die Erlaubnis      
  12 geben (d. i. sie nicht hindern), ihr Leben zu rauben, welches niemand      
  13 befugt ist. Denn eine jede andere Strafe als die Todesstrafe ist      
  14 gerade dem Werthe, den jeder in ein Obiect setzt angemessen und die einzige      
  15 gerechte, weil aus Gefängnis einer mehr als aus dem Tode der andere      
  16 weniger macht. Also läßt man das letztere in dubio und übt das Recht      
  17 der Wiedervergeltung, das gar keinem Zweifel ausgesetzt ist, aus.      
           
   

 

7918.   υ--χ? ω?   J 181.
 
     
  19 Bey dem iure gladii frägt man nicht, ob es als Abhaltungsmittel      
  20 andrer erlaubt sey, einen Mörder zu tödten, sondern ob es nach Ideen der      
  21 Strafgerechtigkeit nothwendig sey. Das Recht der bürgerlichen Gesellschaft,      
  22 in Ansehung d welches ihr aus der Verpflichtung zukommt die Substanz      
  23 eines jeden zu erhalten, führt es mit sich, daß nicht allein ein Mörder      
  24 nicht mehr im Staate existire, sondern daß er mit seinem Leben den Abbruch,      
  25 den er dem bürgerlichen Zustande überhaupt verursacht hat, ergäntze.      
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