Kant: AA XIX, Erläuterungen zu A. G. Baumgartens ... , Seite 260 |
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01 | Er muß das Gesetz wissen unmittelbar oder indirecte (daß es solche | ||||||
02 | Gesetze gebe); wenn er es nicht weiß, ob es zwar physisch möglich war es | ||||||
03 | zu wissen, wenn er zwar nicht durch Schuldigkeit bewegt, sondern aus | ||||||
04 | neugier es Gesucht hätte, so kan es ihm imputirt werden. | ||||||
05 | Die ignorantia legis excusirt nur als die der consectaria. facti. | ||||||
06 | Wir sind frey in ansehung aller Ethischen verbindlichkeit; nemlich | ||||||
07 | es sind motiva, welche nicht nothwendig antreiben. Also thun wir die handlung | ||||||
08 | aus freyem Belieben: wir ertheilen den andern von dem Unsrigen | ||||||
09 | und können uns (ohne Nachtheil Eintrag der Demuth) mit den guten | ||||||
10 | Folgen derselben, so weit wir wollen, erfreuen. | ||||||
11 | In Ansehung der Pflichten gegen sich selbst giebt es auch schuldigkeiten, | ||||||
12 | da man sich nicht die Guten folgen imputiren kan, aber auch Verdienste, | ||||||
13 | e. g. Besserung des Verstandes. | ||||||
7160. υ. Pr 91. Über und neben § 138: |
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15 | In Ansehung der ethischen Handlungen kan man nur ein Verdienst | ||||||
16 | haben, aber keine Schuld. | ||||||
17 | In ansehung derer iuridischen nur eine Schuld, aber kein Verdienst. | ||||||
18 | Daher werden nur in ienem falle nur die Guten, in diesem Nur die Bösen | ||||||
19 | mit ihren folgen imputirt. Die imputatio practica ist die subsumtion | ||||||
20 | unter die Gesetze der freyheit überhaupt. Daher Handlungen, die durch | ||||||
21 | Gesetze nothwendig seyn, nicht imputirt werden, auch nicht die erlaubt | ||||||
22 | seyn, zusammt ihrem Gegentheil (weil sie gar keine iuridische folgen haben), | ||||||
23 | sondern nur die verboten seyn, darum weil er darin einen actum seiner | ||||||
24 | eignen Willkühr exercirt. | ||||||
25 | Die Ausmittelung des facti (g imputatio facti historica ) ist keine | ||||||
26 | imputation, denn die letzte muß positive iuridische folgen haben. | ||||||
27 | Die imputatio facti historica hat keine iuridische folgen. | ||||||
7161. υ. Pr 91. In § 138; über, neben und unter § 139: |
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29 | Das ethi Eine ethisch böse Handlung hat keine legale folgen, nemlich | ||||||
30 | Strafen. Eine iuridisch gute auch nicht, nemlich keine Belohnung. Was | ||||||
31 | von den Gesetzen keine bestimte folgen hat, kan nicht imputirt werden, also | ||||||
32 | weder ethisch böse noch iuridisch gute Handlungen. Ihr werth ist = 0. | ||||||
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