Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 519

     
           
 

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  01 Zu Th § 5 Nr. 1:      
  02 Die Schranken hindern uns nicht so sehr, als die Neigung sie zu überschreiten      
  03 und der Eigendünkel der Vernunft und vermessenheit, falsche Urtheile      
  04 einzuführen und unbegreiflichkeit vor Unmoglichkeit auszugeben.      
           
   

 

6235.   ψ2.   Th 6.
 
     
  06 Die moraltheologie hat zum Grundsatze: Wenn die Gesetze der Pflicht      
  07 a priori feststehn, folglich aus der practischen Vernunft nothwendig fließen,      
  08 gleichwohl aber ohne Voraussetzung eines Vernünftigen moralischen Vollkommenen      
  09 Wesens als Urheber der gantzen Natur keine Kraft haben, den      
  10 Willen zu bewegen: so ist diese Voraussetzung von der practischen Vernunft      
  11 unzertrennlich, und die Idee von Gott muß nicht der Beobachtung      
  12 der Natur, sondern dem Bedürfnis der moralitaet gemäß eingerichtet      
  13 werden: Dabey bin ich nun alles Umschweifs der speculation überhoben.      
  14 Ich kan sie vor gantz unfähig zu diesem Zweke erklären und verlange nur,      
  15 daß sie doch nicht beweisen könne, daß kein Gott sey, und habe gnug am      
  16 Glauben. Der Satz hat keine Schwierigkeit, sondern die speculative Erlangung      
  17 desselben.      
           
   

 

6236.   ψ2.   Th 6'.
 
     
  19 In der moraltheologie kan ists gnug vorauszusetzen, daß es doch      
  20 moglich sey, daß ein Gott sey, und daß keiner das Nichtseyn desselben jemals      
  21 beweisen könne; daher wir denn befugt seyn, einer practischen und      
  22 zwar zum Behuf nothwendiger Gesetze um dieses Daseyn durch Hypothese      
  23 zum Grunde zu legen. Denn diese Gesetze sind schlechterdings nothwendig,      
  24 können aber subiectiv nicht practisch werden ohne jene voraussetzung.      
           
     

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