Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 484

     
           
 

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  01 Es ist sehr angenehm, die gottliche Vorsorge nach allgemeinen Gesetzen      
  02 der Natur zu beobachten; denn dieses giebt dem Verstande Einheit      
  03 nach Regeln. Es ist aber etwas wiedersinnisches, besondere Vorsehung vor      
  04 individuen zu allegiren, weil dieses lauter unterbrechungen der Gesetze      
  05 sind und, ohne eine Beziehung auf die freyheit auf einzelne Gesetze der      
  06 Vorsehung zu machen, alles unserem Belieben unterwirft. Aber Hofnung      
  07 auf die besondere Vorsehung, aber ohne Anmaßung sie bestimen zu      
  08 wollen, ist wiederum ein Gesetz so wohl der Natur als des Wohlverhaltens.      
           
  09 In ansehung der Geschichte der Menschlichen freyheit beziehen wir      
  10 uns nicht auf eine Gottliche Vorherbestimung wede, d.i. Vorsehung,      
  11 weder mach allgemeinen Gesetzen durch ordentliche noch durch besondere      
  12 Anordnungen durch ausserordentliche Veranstaltung, sondern auf göttliche      
  13 direction; und auch diese ist es für Vernunft und sitten ersprießlich in der      
  14 Geschichte zu beobachten. Es ist die allmählige Entwikelung der Naturanlagen      
  15 zur Bestimung der Menscheit.      
           
           
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Decreta divina.

     
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M § 976—981.

     
           
   

 

6190.   ψ? υ—χ??   M 400'.   Zu M § 981:
 
     
  19 Die Lehre der Prädestination gründet sich entweder auf den Begrif      
  20 der Natur Nothwendigkeit der Handlungen im Gegensatz der Freyheit,      
  21 oder auf dem Begrif der moralischen Unfähigkeit zum Guten, da es niemals      
  22 aus uns selbst entspringen, sondern nur von Gott gewirkt werden kan.      
           
  23 Hier ist das Vernünftige Wesen blos Maschine zu gottlichen Absichten.      
  24 Die Verdammung ist keine Strafe und die Seeligkeit keine Belohnung      
  25 fürs Wohlverhalten.      
           
  26 Schwärmerischer Begrif der Auserwählten. Blos positiv in ansehung      
  27 der Gottlichen rathschlüsse zu seyn, so wohl äußerlich in Ansehung tod und      
  28 leben, als innerlich in der Besserung seiner Selbst.      
           
  29 Scheu, das Gute sich selbst zuzuschreiben. falsche Demuth.      
           
   

 

6191.   ψ? υ—χ??   M 401'.   Zu M § 981:
 
     
  31 Bey der praedestination ist der Begrif der Freyheit verletzt. Da dieser      
  32 unbegreiflich ist, so sind die, so es behaupten, zu entschuldigen.      
           
     

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