Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 290 |
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01 | allein es ist nicht unmöglich, daß man noch einen Beweis zum Gegentheil | |||||||||
02 | fände, wenn etwa dieses unterirdische Werk sollte aufgeräumt und | |||||||||
03 | Inscriptionen von ihrem Erbauer (etwa Servius Tullius) gefunden werden | |||||||||
04 | sollten; ich erkenne also an meinem Vorwarhalten nicht die Unveränderlichkeit. | |||||||||
06 | Alles Wissen ist entweder empirisch ode, d.i. von der Erfahrung | |||||||||
07 | abgeleitet, oder rational: aus Vernunft entspringend, mithin a priori | |||||||||
08 | möglich selbständig. Zum ersteren wird eigene Erfahrung und Geschichte | |||||||||
09 | (d.i. zuverläßige Nachricht, nithin ein Wissen, von der Erfahrung | |||||||||
10 | anderer) gezählt. Die zweyte Gewisheit ist unabhangig von aller Erfahrung. | |||||||||
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12 | Alle empirische Gewisheit ist mit dem Bewustseyn der Zufälligkeit | |||||||||
13 | der Warheit verbunden; denn Erfahrung lehrt wohl, daß etwas so oder | |||||||||
14 | anders beschaffen se oder geschehen sey, niemals aber, daß es gar nicht | |||||||||
15 | anders beschaffen oder geschehen seyn könne. | |||||||||
16 | Vernunftgewisheit ist mit Bewustseyn der Nothwendigkeit dessen, | |||||||||
17 | was für wahr gehalten wird, unzertrennlich verbunden. Alles Erkentnis, | |||||||||
18 | welches mit dem seiner wesentlichen Beschaffenheit nach mit dem Bewustseyn ihrer seiner Nothwendigkeit Verbunden ist, ist apodictisch. Also | |||||||||
20 | ist muß alle ein jeder Vernunftsatz apodictisch Gewis seyn, und in | |||||||||
21 | Vernunft satzen behauptungen (assertionibus) findet weder Meynen noch | |||||||||
22 | Glauben statt. | |||||||||
23 | Alle apodictische Sätze sind aber zwiefach: entweder aus bloßen Begriffen | |||||||||
24 | oder (g nur ) durch die Construction der Begriffe erkannt. Die | |||||||||
25 | ersteren heissen Dogmata, die zweyten Mathema. Wenn es bewiesen | |||||||||
26 | werden könnte, wie Leibnitz dafür hielt, aus dem bloßen Begriffe eines | |||||||||
27 | Korpers als zusammen gesetzter Substanz bewiesen werden könnte, daß | |||||||||
28 | er aus einfachen Theilen bestehe, so wäre dieses ein Dogma; wenn aber | |||||||||
29 | durch die geometrische Darstellung eines Raumes, den ein Korper einnimmt, | |||||||||
30 | und die eben so wohl geometrische Theilung dieses Raums die | |||||||||
31 | Theilbarkeit desselben ins unendliche bewiesen wird, so ist dieser Satz | |||||||||
32 | ein Mathema. Die philosophie allein S. III: kan also Dogmata enthalten, | |||||||||
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