Kant: AA XVII, Reflexionen zur Metaphysik. , Seite 664 |
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| 01 | Erscheinung, deren man sich bewust ist, ist Warnehmung. | ||||||
| 02 | Jede Warnehmung muß unter einen Titel des Verstandes gebracht | ||||||
| 03 | werden, weil sie sonst gar keinen Begrif giebt und nichts dabey gedacht | ||||||
| 04 | wird. Vermittelst dieser Begriffe bedienen wir uns der Erscheinungen, | ||||||
| 05 | oder vielmehr die Begriffe zeigen die Art an, wie wir uns der Erscheinungen | ||||||
| 06 | als der Materie zum Denken bedienen. 1. der Anschauung überhaupt | ||||||
| 07 | zur Größe, 2. der Empfindung, um das Reale verhältnis in der | ||||||
| 08 | Erscheinung zu bestimmen. Wir sagen: der Stein wiegt, das Holz fällt | ||||||
| 09 | (g der Körper bewegt sich ), d.i. es handelt, mithin ist es Substantz. der | ||||||
| 10 | Acker ist zubereitet, die Wiese ausgetrocknet, das Glas zerbrochen. dieses | ||||||
| 11 | sind Wirkungen, die sich auf eine Ursache beziehen. Die Mauer ist fest, | ||||||
| 12 | das Wachs weich, das Gold dicht: dieses sind Verknüpfungen im Zusammengesetzten. | ||||||
| 13 | Ohne dergleichen Begriffe würden die Erscheinungen | ||||||
| 14 | insgesamt getrennt seyn und nicht zu einander gehören. Wenn sie gleiche | ||||||
| 15 | Verhältnisse im Raume oder Zeit gegen einander haben, so sind diese doch | ||||||
| 16 | nicht aus den obiecten der Erscheinungen bestimmt, sondern nur neben | ||||||
| 17 | einander gestellt. | ||||||
| 18 | Erfahrung ist eine verstandene Warnehmung. Wir verstehen sie aber, | ||||||
| 19 | wenn wir sie unter Titel des Verstandes uns vorstellen. Erfahrung ist | ||||||
| 20 | eine specification der Verstandesbegriffe durch gegebene Erscheinungen. | ||||||
| 21 | Erscheinungen sind die Materie oder das substrat. | ||||||
| 22 | Erfahrungen sind also nur dadurch möglich, daß vorausgesetzt wird, | ||||||
| 23 | alle Erscheinungen gehören unter Verstandestitel, d.i. in aller bloßen | ||||||
| 24 | Anschauung ist Größe, in aller Erscheinung substantz und accidens. In | ||||||
| 25 | dem Wechsel derselben Ursache und Wirkung, in dem Ganzen derselben | ||||||
| 26 | Wechselwirkung. Also gelten diese Sätze von allen Gegenständen der Erfahrung. | ||||||
| 27 | Eben dieselben Sätze gelten auch vom Gemüthe in Ansehung | ||||||
| 28 | der Erzeugung seiner eigenen Vorstellungen und sind momente der genesis. | ||||||
| 29 | Unter die Titel aber der apperception müssen alle Erscheinungen gebracht | ||||||
| 30 | werden, so daß sie so wohl der Anschauung nach construirt | ||||||
| 31 | Die Bedingungen aber der subsumtion unter diese Begriffe sind von | ||||||
| 32 | dem sinnlichen Verhältnisse hergenommen, was in analogie mit der Verstandeshandlung | ||||||
| 33 | steht und zum innern Sinn gehört, davon die apperception | ||||||
| 34 | die bricht ab. | ||||||
| 35 | Woher ist das, was handelt, angesehen, als sey es beständig und als | ||||||
| 36 | wenn nur die Handlungen, Wirkungen und Zusammensetzungen variiren | ||||||
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