Kant: AA XVI, L §. 6-9. IX 16-20. [Analytik -- ... , Seite 073

     
           
 

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    1672.   β1.   L 2'.   Zu L §. 8:
 
     
  02 §. 8. Man definirt eine Wissenschaft immer in ihrer größten vollkommenheit,      
  03 weil dieses der Gesichtspunkt ist, nach welchem alle Richtungen      
  04 der Bestrebungen wie die radii in einem cirkel zusammen laufen sollen.      
  05 So ist es mit der Logick beschaffen. Man solte aber fast gestehen, daß      
  06 der 1ste Lobspruch nicht Stich halte. Man muß schon gedacht haben,      
  07 ehe man die regeln richtig zu denken recht faßen und mit nutzen brauchen      
  08 soll. Man muß sie gleich wißen auf Exempel anzubringen. Darum ist      
  09 sie in schulen unnütze. Man muß fertig gehen können, ehe man tanzen      
  10 lernt, und derjenige wird schlecht die orthographie lernen, der noch      
  11 geschrieben hat. Die Mathematik soll also billig den Anfang machen.      
  12 Man kan darin nicht irren, weil man gut geführet wird. Darnach hat      
  13 man allemal ein Muster vor die Regeln der richtigen Denkungsart.      
           
  14 2. intellectum et rationem. Das obere und das Niedere Vermögen      
  15 der Seele. Sie lehrt von den Sinnlichen Eindrüken auf allgemeine Begriffe      
  16 hinaufzusteigen. die deutliche vorstellungen der Vernunft von den      
  17 dunkeln Begriffen der imagination unterscheiden, nicht die sinnliche      
  18 empfindung der (g einzelner ) Dinge vor die Empfindung ihrer Ursachen      
  19 ansehen. Nicht Dieses sind die Verbeßerungen, die sie in ansehung der      
  20 Grentzen der Unteren und oberen Kräfte Macht. Was sie in Ansehung      
  21 der oberen selber leistet, wird aus der Ausübung ersehen.      
           
     

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