Kant: AA XII, Briefwechsel 1800 , Seite 322

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Tenniges zu Tische und kaum hatte ich Ihr Verlangen geäußert      
  02 als HE. Geheimer Rath Tenniges sich sogleich zur Herbeischaffung von      
  03 6 Pomeranzen erbot, die er mir dann auch den folgenden Tag mit      
  04 der Bitte einer freundschaftlichen Empfehlung an Sie eigenhändig überreichte.      
  05 Sein Schwager, der Kaufmann Schwartz hatte sie mit vielem      
  06 Vergnügen von seinen Bäumen abgeschnitten. Herr Geheimer Rath      
  07 Tenniges hat ehemals das Glück gehabt, Sie öfters bei HE. Green in      
  08 Königsberg zu sprechen. Wie sehr Sie theuerster Herr Professor von      
  09 der Danziger Kaufmannschaft verehrt werden, das habe ich bei dieser      
  10 Gelegenheit zu meiner größten Freude erfahren. Iedermann wünschte      
  11 Ihnen gefällig werden zu können.      
           
  12 Sie hatten die Güte, theuerster Herr Professor mir bei meiner      
  13 letzten Anwesenheit in Königsberg das Versprechen zu geben, mir die      
  14 wichtigsten Umstände aus Ihrer Lebensgeschichte mitzutheilen. Ich bin      
  15 jetzt so frei Ihnen beiliegend verschiedene darauf sich beziehende Fragen      
  16 vorzulegen. Viele derselben würden unter allen andern Umständen sehr      
  17 indiscret seyn und ich würde es mir nie haben in den Sinn kommen      
  18 lassen solche Fragen zu thun. Nur der Zweck den ich vorhabe und      
  19 die Unentbehrlichkeit dieser Umstände zu einer vollständigen Biographie      
  20 kann diese anscheinende Indiscretion heben und meine Freiheit entschuldigen.      
  21 Sollten einige der angeführten Fragen zur Beantwortung      
  22 mehr Raum erfordern, als die leere Colonne verstattet, so wünschte ich,      
  23 daß Sie die Güte hätten, sie in numerirten Beilagen mir gefälligst      
  24 mitzutheilen. - Die ganze Welt wünscht Ihre authentische Biographie      
  25 und wird Ihr eignes Zuthun zu derselben mit dem höchsten Dank erkennen.      
  26 Sollten Ihnen einige von mir übergangene Umstände noch      
  27 wichtig scheinen, so bitte ich dieselben mir anzuführen. Daß ich übrigens      
  28 von Allem nur zu der Zeit erst, wenn eine Biographie vollständig      
  29 ans Licht treten kann und mit der größten Discretion Gebrauch machen      
  30 werde, darf ich wohl nicht versichern. Mein höchster Wunsch ist, da      
  31 Sie noch lange mit Gesundheit und Kraft unter uns bleiben mögen.      
  32 Ich empfehle mich Ihrem wohlwollenden Andenken und bin mit Liebe      
  33 und Hochachtung      
           
  34   Ihr      
  35   dankbarer Schüler      
  36 Marienburg den 16 Aug Jachmann.      
  37 1800.        
           
           
     

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