Kant: AA XII, Briefwechsel 1800 , Seite 312 |
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01 | zum friedlichen Abkommen fehlschlagen, immer verwickelter wird und | ||||||
02 | schon einem Labyrinthe gleicht Am Seil der iuristischen Förmlichkeiten | ||||||
03 | gezogen habe ich Ihnen schon litem denuncieren müßen und muß das | ||||||
04 | Skandal erleben, wenigstens anscheinend mit einem Manne zu hadern, | ||||||
05 | den ich über alles hochschätze und ehre. Und wer weiß, wohin dieser | ||||||
06 | herzzernagende, langweilige und sich immer mehr verschlingende Rechtsgang | ||||||
07 | noch leiten kann? | ||||||
08 | Wie konnte ich denken, daß HE Nicolovius sich durch die Aufnahme | ||||||
09 | Ihrer beiden Briefe an Nikolai (die nur einen Bogen ausmachen) | ||||||
10 | für beleidigt halten würde? Die Abhandlung "über die Macht | ||||||
11 | des Gemüths" etc. (aus den hufelandischen Iournal) desgleichen die | ||||||
12 | "ob das menschliche Geschlecht im Fortschr. z. B. etc." konnte ich schon | ||||||
13 | nicht weglaßen, wenn ich nicht indiskret gegen den Autor sein wollte | ||||||
14 | und sie waren auch schon in der Druckerei, ehe die Nikoloviussche | ||||||
15 | Sammlung erschien. Die Ergänzung dieser beiden Stücke durch das | ||||||
16 | Dritte aus der Nikoloviusschen Sammlung schien mir Ihrem Briefe | ||||||
17 | gemäß, theils nach dem Wortverstande, theils aber und noch mehr | ||||||
18 | deshalb, weil, wenn man nicht das Publikum lädiren wollte, entweder | ||||||
19 | alle drei Stücke oder gar keins in der Sammlung der Verm. Schr. | ||||||
20 | enthalten sein mußte. So, hielte ich dafür, wäre alles in seiner Ordnung | ||||||
21 | und sollte ich hierbei in dem einen oder andern Punkte gefehlt | ||||||
22 | haben, so durfte ich von Ihnen, da Sie das Verhältniß mit dem HE | ||||||
23 | Nikolovius kannten, erwarten, daß Sie Ihr veto einlegen würden; da | ||||||
24 | ich Ihnen einige Monate vor der Publikation das Ganze zur Einsicht | ||||||
25 | zuschickte. Ihr Stillschweigen und da von keiner Seite der geringste | ||||||
26 | Einspruch geschah, ließ mich nun glauben, daß alles wohl gemacht sei. | ||||||
27 | Hinterdrein aber klagt HE. Nikolovius und ist durch keine Vorstellungen | ||||||
28 | zu besänftigen Ich wenigstens habe alle Vergleichsvorschläge vergeblich | ||||||
29 | versucht. Aber noch immer wünschte ich, selbst wenn es mit | ||||||
30 | vielem Nachtheile für mich verbunden wäre, aus dem verdrieslichen | ||||||
31 | Proceße zu kommen. Gefallen dem HE Nikolovius meine Vorschläge | ||||||
32 | nicht, so mögte er doch selbst andere thun; denn, sollte ich nach dem | ||||||
33 | strengen Rechte ihm zu nahe getreten sein, so bin ich ia gern erbötig, | ||||||
34 | ihm auf irgend eine Art genug zu thun. Und was wird es denn am | ||||||
35 | Ende sein, das ich ihm nach Urtheil und Recht zu leisten verbunden | ||||||
36 | werden sollte! Sollte ich ihm dafür nicht durch einen humanen Vergleich | ||||||
37 | auch gerecht werden können? Wäre es nicht den Grundsätzen | ||||||
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