Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 149 |
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| 01 | N. S. Ihr werthes Schreiben vom 12ten Dec: vorigen Iahres | ||||||
| 02 | ist mir allererst in der Mitte des Märzes des gegenwärtigen, zusammt | ||||||
| 03 | dem Buche zu Handen gekommen; wovon die Ursache wohl seyn wird, | ||||||
| 04 | daß das Meßgut über Lübek mit dem ersten Schiffe nur zur Hälfte | ||||||
| 05 | im vorigen Iahr, und die andere Hälfte medio Februar. des gegenwärtigen, | ||||||
| 06 | durch ein anderes Schiff, bey uns angelangt ist. | ||||||
| 741. | |||||||
| 08 | Von Iohann Böninger und Iohann Langer. | ||||||
| 09 | Duisburg 24ten Mertz 1797. | ||||||
| 10 | Wir nehmen uns die Freiheit Ew. Wohlgebohrnen eine Probe | ||||||
| 11 | von den Erstlingen unseres Versuchs einer mechanischen Vervielfältigung | ||||||
| 12 | von Malereien zu übersenden. Daß man bisher, selbst in den | ||||||
| 13 | größesten, für alles, was man Geschmack nennt, den Ton angebenden | ||||||
| 14 | Städten weit mehr auf Reichthum und Pracht, oder auf die Launen | ||||||
| 15 | herrschender Moden, als auf wahre, Auge und Geist zugleich befriedigende | ||||||
| 16 | Schönheit in den inneren Verzierungen der Wohnungen Rücksicht | ||||||
| 17 | genommen hat; ist eine allgemein bekannte Thatsache; und ein | ||||||
| 18 | edler Freund der kunst unter uns Deutschen, der Freiherr von Racknitz, | ||||||
| 19 | hat vor kurzem in einem, diesem Gegenstande besonders gewidmeten | ||||||
| 20 | Werke gesucht, dem Geschmack hierin eine beßere und zweckmäßigere | ||||||
| 21 | Richtung zu geben. Aehnliche, wenigstens in dem Hauptzwecke mit | ||||||
| 22 | den seinigen übereinstimmende Ideen, haben uns bei unserm Unternehmen | ||||||
| 23 | geleitet; und wir haben seit drei Iahren weder kosten noch | ||||||
| 24 | Mühe gespart, damit den uns möglichen höchsten Grad der Vollkommenheit | ||||||
| 25 | zu erreichen. Eben dieses Ziel werden wir bei unsern ferneren | ||||||
| 26 | Arbeiten unverrückt im Auge behalten. Auf diese Weise glauben wir | ||||||
| 27 | den Vorwurf, daß durch ein Unternehmen, wie das unsrige, der Kunst | ||||||
| 28 | einiger Nachtheil zuwachsen möchte, am sichersten zu entfernen. Denn | ||||||
| 29 | sollte es uns gelingen, vermittelst deßelben, Auge und Gefühl allgemeiner | ||||||
| 30 | an das wahre Schöne zu gewöhnen, und hiedurch die Strenge | ||||||
| 31 | der Foderungen an den Künstler mehr zu verbreiten, so fiel ein solcher | ||||||
| 32 | Vorwurf wohl von selbst hinweg, und wir würden alsdann glauben | ||||||
| 33 | nicht ohne wahres Verdienst um die Kunst, und um den guten Künstler, | ||||||
| 34 | der sich nicht mehr so leicht von schlechten verdrängt fühlen würde, | ||||||
| 35 | zu seyn. | ||||||
| 36 | Wir nehmen uns die Freiheit noch hinzuzufügen: daß wir es als | ||||||
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