Kant: AA XII, Briefwechsel 1796 , Seite 105 |
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Text (Kant):
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| 720. | |||||||
| 02 | Von Gottlieb Benjamin Iäsche. | ||||||
| 03 | Waldegalen | ||||||
| 04 | in Curland | ||||||
| 05 | den 4ten Novbr 1796 | ||||||
| 06 | Wohlgeborner Herr, | ||||||
| 07 | Verehrungswürdigster Herr Profeßor! | ||||||
| 08 | Erlauben Sie, Verehrungswürdigster Lehrer! deßen schriftlichen | ||||||
| 09 | und mündlichen Unterrichte in der Philosophie ich den schönsten und | ||||||
| 10 | sichersten Theil meiner wissenschaftlichen Bildung verdanke, erlauben | ||||||
| 11 | Sie, daß ich Ihnen hiermit ein Exemplar des kleinen neuesten Produkts | ||||||
| 12 | ehrfurchtsvoll überreichen dürfe, das ich in Gemeinschaft mit | ||||||
| 13 | einem meiner hiesigen gelehrten Freunde so eben dem Publikum übergeben | ||||||
| 14 | habe. | ||||||
| 15 | So unbedeutend in mehr als einer Rücksicht unser Versuch eines | ||||||
| 16 | moral: Catechismus an sich selbst, und so klein insbesondere der Antheil, | ||||||
| 17 | den ich für meine eigene Person daran habe, auch seyn mag: so | ||||||
| 18 | habe ich doch geglaubt, Ewr. Wohlgeboren durch Ueberreichung desselben | ||||||
| 19 | einen obgleich nur geringen Beweis von den Gesinnungen dankbarer | ||||||
| 20 | Ergebenheit, Hochachtung und Ehrfurcht geben zu können, zu denen | ||||||
| 21 | Sie so sehr und auf immer mich verpflichtet haben. Denn auch ich | ||||||
| 22 | fühle den Stolz und das Glück zur Zahl Ihrer Schüler mich rechnen | ||||||
| 23 | zu dürfen; und gern benutze ich daher diese Gelegenheit, um Ihnen, | ||||||
| 24 | würdiger und verdienstvoller Lehrer der Menschheit! hier wiederholentlich | ||||||
| 25 | zu sagen: wie viel auch ich Ihnen verdanke und welchen heilsamen | ||||||
| 26 | Einfluß das Studium Ihrer preißwürdigen Philosophie auf die Befriedigung | ||||||
| 27 | der edelsten Forderungen und Bedürfniße meines Kopfes | ||||||
| 28 | und Herzens bis jetzt bereits gehabt hat. | ||||||
| 29 | Mit vorzüglich lebhaftem Dank= und Freudegefühl denke ich insonderheit | ||||||
| 30 | oft noch an jene schöne Periode meines Lebens zurück, in | ||||||
| 31 | welcher ich während meines Aufenthaltes zu Königsberg Ihres persönlichen | ||||||
| 32 | Privat= und öffentlichen Unterrichts von Zeit zu Zeit genießen | ||||||
| 33 | konnte. Und ich freue mich nun, daß ich durch Ihre Belehrungen in | ||||||
| 34 | der Philosophie in den Stand gesetzt worden bin, zu Verbreitung und | ||||||
| 35 | Popularisirung moralischer Vernunfterkenntniß, an meinem Theile doch | ||||||
| 36 | auch etwas, wenn auch an sich noch so wenig, beyzutragen. - Unser | ||||||
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