Kant: AA XII, Briefwechsel 1796 , Seite 069

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 der kritischen Ph[i]l[osoph]ie im katholischen Teutschland bekannt mache.      
  02 Hier fahre ich ungehindert fort theor. u. pract. Phlie nach ihren Grundsätzen      
  03 zu erklären, auch Aesthetik wird vom Pr. Andres nach Ihren      
  04 Grundsätzen gelehrt. Die Professoren der Theologie und Rechtsgelahrtheit      
  05 modeln fast alle, wo nicht die Wissenschaft, die sie lehren, wenigstens      
  06 die Art, ihres Vortrages nach den nämlichen Grundsätzen, so gar      
  07 beym Religionsunterricht, benutzt man ihre Grundsätze, in Catechese      
  08 u. in Predigten: blos, um Kantische Phlie bey mir zu hören, kommen      
  09 Viele fremde hieher; und mein Fürst, der mich sehr unterstützt, nahm      
  10 mir alle übrigen Geschäfte die ich sonst dabey besorgen mußte, ab,      
  11 damit ich mich der Phlie allein widmen könne.      
           
  12 Nicht gar so helle, doch ziemlich hell sieht es auf den hohen schulen,      
  13 Bamberg, Heidelberg, u. andern katholischen schulen aus, desto finsterer      
  14 ist es aber in Bayern, schwaben u. der katholischen schweitz, ich machte      
  15 eine Reise in diese 3. Länder, u. hoffe Nutzen gestiftet zu haben; da      
  16 in diesen kathol. Ländern die schulen meistens von Mönchen besorgt      
  17 werden, die aber nur nicht nach einem teutschen Vorlesbuch lesen      
  18 dürfen, nach einem protestantischen (so sagen sie) gar nicht, so habe      
  19 ich diesen schulen zu lieb über theor. Phlie ein Vorlesbuch in latein.      
  20 sprache geschrieben, welches aber erst nächstens gedruckt wird; auch in      
  21 der italienischen u. französischen schweitz wünschte man über Kant's      
  22 Phlie eine Erklärung in lateinischer sprache; Pr. Itt zu Bern bat mich      
  23 deswegen, so etwas zu besorgen.      
           
  24 Ich kan ihnen nicht beschreiben, wie enthusiastisch auch jene, die      
  25 sonst ihren Grundsatzen nicht gut waren, so gar unsre Damen jetzt      
  26 für sie eingenommen sind, da wir in mehreren Zeitungen gelesen haben,      
  27 daß sie als Gesetzgeber, als stifter der Ruhe u. des Friedens nach      
  28 Frankreich gerufen worden seyn, u. dazu von ihrem Koenig Erlaubnis      
  29 erhalten haben; auch ich bekomme jetzt von mancher Dame ein freundlicheres      
  30 Gesicht, als zuvor.      
           
  31 Auf die Frage: ob die Nachricht gegründet sey, bat ich Hrn Hofpr.      
  32 Schultze um eine Antwort, weil sie dazu nicht Zeit haben. Ich bitte      
  33 sie um Ihre fernere Freundschaft u. erharre      
           
  34   Ew Wohlg.      
  35   Dienstfertigster Diener      
  36   Reuss Prof      
  37 Hr. stang empfiehlt sich bestens.        
           
           
           
     

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