Kant: AA XI, Briefwechsel 1792 , Seite 344

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
    519.      
  02 An Alexander Fürst von Beloselsky.      
  03 (Entwurf.)      
           
  04 [Sommer 1792.]      
           
  05 Das schätzbare Geschenk welches Ew: Erlaucht: mir im vergangenen      
  06 Sommer mit Ihrer vortreflichen Dianiologie etc. zu machen geruheten      
  07 ist mir richtig zu Handen gekommen von welchem ich zwey Exemplare      
  08 an Männer die den Werth desselben zu schätzen im Stande sind ausgetheilt      
  09 habe. Meinen schuldigen Dank dafür abzustatten habe die      
  10 darüber verflossene Zeit hindurch keineswegs vergessen wohl aber überhäufter      
  11 Hinderungen wegen immer aufschieben müssen um dabey zugleich      
  12 auch etwas von der Belehrung zu sagen die ich daraus gezogen      
  13 habe wovon ich aber auch jetzt nur einige Hauptzüge anführen kan.      
           
  14 Ich bin seit einigen Iahren damit beschäftigt die Gränze des      
  15 menschlichen speculativen Wissens überhaupt auf das bloße Feld aller      
  16 Gegenstande der Sinne einzuschränken da alsdann die speculative Vernunft      
  17 wenn sie sich über diese Sphäre hinauswagt in jene in Ihrem      
  18 Tableau bezeichneten espaces imaginaires fällt wo für sie nicht Grund      
  19 nicht ufer d. i. schlechterdings kein Erkentnis moglich ist. - Es war      
  20 aber Ew. Erl. aufbehalten jene metaphysische Gränzbestimmung der      
  21 menschlichen Erkentnisvermögen womit ich mich seit einigen Iahren beschäftigt      
  22 habe der menschlichen Vernunft in ihrer reinen Speculat[ion]      
  23 auch auf einer andere nämlich Anthropologischen Seite zu bewerkstelligen      
  24 welche die für jedes Individuum die Grentzen der ihm angemessenen      
  25 Sphäre zu unterscheiden lehrt und zwar vermittelst eines Demarculum      
  26 welche sich auf sicheren Principien gründet und eben so neu und scharfsinnig      
  27 als schön und einleuchtend ist.      
           
  28 Es ist eine herrliche nie gehorig eingesehene noch weniger aber      
  29 so gut ausgeführte Bemerkung daß einem jeden Individuum für seinen      
  30 VerstandesGebrauch die Natur eine eigenthümliche Sphäre bestimmt      
  31 habe in der er sich erweitern kan daß es deren vier gebe und niemand      
  32 die seinige überschreiten könne ohne in die Intervalle zu fallen welche      
  33 insgesamt denen benachbarten Spähren sehr angemessen benannt sind      
  34 (wenn man die Sphäre welche der Mensch mit den Thieren gemein      
  35 hat namlich die des Instincts bey Saite setzt)      
           
  36 Wenn es mir erlaubt ist unter dem Allgemeinen Gattung des      
           
     

[ Seite 343 ] [ Seite 345 ] [ Inhaltsverzeichnis ]