Kant: AA XI, Briefwechsel 1791 , Seite 293 |
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01 | ich auf die, in unsern Tagen leider! von zu vielen zugesprochene, aber | ||||||
02 | doch noch immer ergiebige Quelle, was zu schreiben. Nun muß ich | ||||||
03 | freylich gestehen, daß ich nicht sehr gehindert werde, alle blosse Büchermacher | ||||||
04 | als Betrüger anzusehen. Auch muß ich das gestehen, da | ||||||
05 | wegen meiner sehr langsamen Progressen in der Mathematick, ja | ||||||
06 | deswegen, weil ich nichts Neues der Welt zu sagen habe, ich mich | ||||||
07 | eben für keinen beruffenen Scribenten ansehen kann. Da ich aber | ||||||
08 | an die Theorie des Vorstellungsvermögens [vermögens] dachte, so schien | ||||||
09 | der Vorwurf darüber was zu schreiben, einen Theil meiner Bedenklichten | ||||||
10 | zu heben. Ich bin von der Nichtigkeit dieser Theorie so sehr überzeugt, | ||||||
11 | daß ich im Stande bin, gar Ihnen, mein Urtheil darüber zu sagen, | ||||||
12 | und da die Kritick mich überzeugt hat, so glaubte ich über diese Theorie, | ||||||
13 | nach Anstrengung meiner Kräfte, was Gedachtes und nicht ganz Unnützes | ||||||
14 | hervorzubringen. Um jedoch nichts zu unternehmen das auch | ||||||
15 | spätherhin mich mit mir selbst unzufrieden machen dürfte, entschloß ich | ||||||
16 | mich zu dem, Ihnen, beßter Herr Professor, offenherzig mein Unternehmen | ||||||
17 | anzuzeigen, und Ihren Rath mir darüber auszubitten. | ||||||
18 | den 8ten October. | ||||||
19 | So weit war ich da ich Ihren freundschaftlichen Brief vom | ||||||
20 | 27ten Sept. erhielt. Nun darf ich mit etwas mehr Muth weiter schreiben. | ||||||
21 | Zuerst muß ich Ihnen sehr danken, für das Vertrauen das Sie | ||||||
22 | zu mir fassen. So gut ich nur immer kann, werde ich desselben | ||||||
23 | mich werth zu machen suchen. Mit Freymüthigkeit, aber auch mit | ||||||
24 | Furchtsamkeit schicke ich Ihnen eine Probe meiner Aufsätze über die | ||||||
25 | Theorie des Vorstellungsvermögens. Sie haben die Form der Briefe, | ||||||
26 | weil ich sie wirklich an einen hiesigen Freund einen gewissen Magister | ||||||
27 | Rath, der im Stillen die Kritick beherzigt, und den ich sehr liebe, gerichtet | ||||||
28 | habe, der mir auch ein paar Aufsätze dazu als Antworten versprochen | ||||||
29 | hat, so daß die ganze Schrift vieleicht 8 Bogen stark werden | ||||||
30 | könnte. Aber Sie bitte ich vor allen Dingen, sie zu beurtheilen. Das | ||||||
31 | imprimatur oder non imprimatur soll ganz von Ihnen abhängen. | ||||||
32 | Eigentlich habe ich wohl die Absicht sie anonymisch zu schreiben. Wenn | ||||||
33 | Sie aber Gelegenheit haben, mich mit Herrn Reinholdt bekannt zu | ||||||
34 | machen, so würde das gleichwohl mir angenehm seyn, und ich würde | ||||||
35 | auch in dem Fall, sehr sorgfältig alles, was selbst entfernt ihn böse | ||||||
36 | machen könnte, meiner Schrift benehmen. Einen Auszug aus Ihren | ||||||
37 | kritischen Schriften zu machen, wird vorzüglich daher mir ein angenehmes | ||||||
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