Kant: AA XI, Briefwechsel 1791 , Seite 279

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 ängstlich werde, wenn ein wohlwollender Mann es übernimmt, mich      
  02 zu diesem Geschäfte zu empfehlen, indem ich befürchten muss, dass es      
  03 nicht ganz zu seinem Vergnügen ausschlagen möchte. Ich liess mich      
  04 durch die wenig gegründete Hofnung es einmal besser anzutreffen, und      
  05 vielleicht unmerklich durch Aussicht auf Geld-Vortheil, und Grösse ohne      
  06 gehörige Ueberlegung hinreissen, dies Geschäft noch einmal in Warschau      
  07 zu übernehmen; ein Entschluss, dessen Vereitlung ich nach Entwikelung      
  08 der Verlegenheiten, in denen ich jetzo bin, seegnen werde. Ich fühle      
  09 dagegen das Bedürfniss, alles das, was zu frühes Lob gütiger aber      
  10 zu wenig weiser Lehrer, eine fast vor dem Uebertritte in's eigentliche      
  11 JünglingsAlter durchlaufene academische Laufbahn, und seitdem die      
  12 beständige Abhangigkeit von den Umständen mich versäumen liessen,      
  13 nachzuholen, ehe die Jahre der Jugend vollends verfliegen, mit Aufgebung      
  14 aller ehrgeitzigen Ansprüche, die mich eben zurükgesezt haben,      
  15 mich zu allem zu bilden, wozu ich tüchtig werden kann, und das übrige      
  16 den Umständen zu überlassen, täglich stärker. Diesen Zwek kann ich      
  17 nirgends sichrer erreichen, als in meinem Vaterlande. Ich habe Eltern,      
  18 die mir zwar nichts geben können, bei denen ich aber doch mit      
  19 geringem Aufwand leben kann. Ich kann da mich mit schriftstellerischen      
  20 Arbeiten beschäftigen (das wahre Mittel der Ausbildung für mich, der      
  21 ich alles in mich hineinschreiben muss, und der ich zu viel Ehrliebe      
  22 habe, um etwas zum Druk zu geben, worüber ich nicht selbst völlig      
  23 gewiss bin) und eben beim Aufenthalte in meiner vaterländischen      
  24 Provinz (der Ober-Lausitz) am ehsten und leichtesten durch eine      
  25 DorfPfarre die völlige litterarische Musse erhalten, die ich bis zu      
  26 meiner völligen Reife wünsche. Das beste für mich scheint also,      
  27 in mein Vaterland zurükzugehen. Hierzu aber sind mir die Mittel      
  28 abgeschnitten. Ich habe noch 2. Ducaten, und diese sind nicht mein,      
  29 denn ich habe sie für Miethe, u. dergl. zu bezahlen. Es scheint      
  30 also kein Mittel übrig zu sein, mich zu retten, wenn sich nicht      
  31 Jemand findet, der mir Unbekannten, bis auf die Zeit, da ich sicher      
  32 rechnen kann wieder zu bezahlen, d. i. bis Ostern künftigen Jahrs,      
  33 gegen Verpfändung meiner Ehre, und im festen Vertrauen auf dieselbe,      
  34 die Kosten der Rükreise vorstreke. Ich kenne niemanden,      
  35 dem man dieses Pfand, ohne Furcht in's Gesicht gelacht zu bekommen,      
  36 anbieten dürfte, als Sie, tugendhafter Mann.      
         
           
         
  37 Ich habe die Maxime, niemanden etwas anzumuthen, ohne      
           
     

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