Kant: AA XI, Briefwechsel 1790 , Seite 198

     
           
 

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  01 Nachtheil für Ihr System haben wir einiges Interesse dabey? Die Möglichkeit      
  02 der Necessitas absoluta oder von Etwas, das necessarium ist, scheint durch Ihre      
  03 Lehre von der Synthesis nicht bestritten zu seyn; mithin würde das arguum a priori      
  04 bleiben. Die Exception ist einzig, ist nöthig und berührt das Übrige nicht.      
  05 Übrigens mag das Gesagte über Synthesis und Dialectic bleiben. Es fehlet mir      
  06 an Zeit, wenn ich aber (nach pag 124 über Mos: Mend & Dr Jac. noch eine      
  07 kleine Abhandlung schreibe: würde ich mich auf diese beiden Hauptpunkte einschränken,      
  08 1) vindiciae argum. a priori contra K . und 2) Berkeley und Kant      
  09 verglichen. Die Atomisten machen dem Berkeley diesen Einwurf. Für jeden Geist      
  10 wird alle Augenblikke eine herrliche Welt geschaffen und die Welten in den Geistern      
  11 sind harmonisch! welche unnachdenkliche Profusion und Implication! ich würde      
  12 gegen die Atomisten, durch die gravitatio universalis , Repressailles gebrauchen      
  13 können. Ein Theeblätchen von einem Chinesen gepflükt, wirkt jeden Augenblik auf      
  14 die kleinste Partikel der Feuchtigkeiten meines Auges, und die sämmtlichen Bewegungen      
  15 in jedem Augenblik wirken in jedem gegebenen Sandkorne mehr Veränderungen,      
  16 als in einem Werke, so groß als die französische Encyclopaedie, beschrieben      
  17 werden können. Über das Existiren außer Zeit und Raum, so wie Alles      
  18 Beharrliche Gott, die Seele bestehet, erwarten oder wünschen Viele anjezt eine      
  19 Aufklärung Prakt: Vern.: p. 155. 206. et alibi passim . Dieses würde die Freiheit,      
  20 die Fortdauer der Seele nach dem Tode, die Begriffe von Gott etc aufklären.      
  21 Dieses hofft man und muß keinen Lehrlingen anvertrauet werden. Ich, qui Obstetricis      
  22 vice fungi semper exopto , suche Sie und Ihre Lehrlinge zu reitzen, mehr      
  23 Unterricht zu gebähren. Der Zeno mußte hier Namenlos seyn, vornehmlich      
  24 weil die ungeübten in meiner Gemeine das Büchelchen nicht kauffen musten; sie      
  25 würden wohl einen catechismus oder Andachtsbuch von mir haben wollen. Zeno      
  26 nöthiget und ersuchet p: 7 nota p. 9-12. p. 56 nota in textu p: 60. 61. & passim .      
  27 Sie würden die zusammentreffenden Gedanken von Herrn Necker und von mir      
  28 p. 68 & 75 entwikkeln und aufklären können. Das Beharrliche außer Zeit etc.      
  29 In der Praxis wird auf diese und dergleichen Fragen, Antwort erwartet:      
  30 giebts eine mensura demeriti ? wie sind die gradus zu setzen? ist der Imperatif      
  31 unendlich rigoureus ? Ruat coelum, fiat justitia ! oder (: um Ihren LieblingsSatz      
  32 zu gebrauchen :) coelum ruat; esto verax ! Ist omne peccatum eine culpa infinita ?      
  33 (: die Theol: sagen: Verdient unendliche Strafe: quia contra Dei Majestatem infinitam :)      
  34 kan ein malum morale aufhören so zu seyn durch die Compensatio      
  35 eines boni physici . z. B. das Vaterland durch eine Lüge retten? etc. Wie ist      
  36 von Natur unsere sittliche Inertia beschaffen? wie ist diese zu überwinden? wie in      
  37 Allegresse zu verändern? etc. Ich ersuche Sie, auf die Teylersche Abhandlung      
  38 p. 50. II Prüfung, aufmerksam zu seyn. Sie, Mein Herr! werden Sich nicht      
  39 beleidigt halten, wenn ich voraussetze, daß Sie ein Christ und zwar ein orthodoxer      
  40 sind. Eine Anmerkung über den Finis creationis und über die Praxis christiana      
  41 als einen Glaube (an die Versöhnung, Satisfactio vicaria) durch die Liebe wirkend,      
  42 - stärket diese Vermuthung. Confer Clesz vom Glauben. Ihre Moralischen      
  43 Prinzipien sind auch den jezt herschenden, denen von Eberhard, Steinbart etc      
           
     

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