Kant: AA XI, Briefwechsel 1790 , Seite 137 |
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01 | Moralsystems, mit den Lehren des Christenthums, über den Glauben | ||||||
02 | an die Gottheit und über die Unsterblichkeit der Seele zu vermehren | ||||||
03 | und sie dem Könige zuzueignen, und alle haben dis sehr gut gefunden. | ||||||
04 | Wenn Sie etwa in Ihrem nächsten Briefe mir einige Bemerkungen | ||||||
05 | zu den drei letzten Abhandlungen mittheilen wollten, so würde ich mich | ||||||
06 | unendlich glücklich schätzen. Vorzüglich liegt mir der erste Zusatz am | ||||||
07 | Herzen, und Sie können leicht einsehen, weshalb; ich bin überzeugt, | ||||||
08 | daß man wenigstens das ganz deutlich machen kann, daß der Grundsatz | ||||||
09 | Ihres Moralsystems, sich mit den Lehren der christlichen Religion | ||||||
10 | ganz wohl verträgt, vielleicht auch, daß wenn Christus Sie gehört und | ||||||
11 | verstanden hätte, er gesagt haben würde, ja das wollte ich auch durch | ||||||
12 | mein Liebe Gott etc. sagen. Heucheln kann ich und werde ich nicht, | ||||||
13 | aber ich will für die gute Sache thun, was ich kann. - Wöllner hat | ||||||
14 | sich sehr darüber gefreut, daß ich die erste Abhandlung anhängen will. | ||||||
15 | Ich versichre Sie, theuerster Herr Professor, daß ich zuweilen in Lagen | ||||||
16 | gesetzt worden bin, wo ich alle mögliche Aufmerksamkeit nöthig hatte, | ||||||
17 | um weder auf der einen Seite der Wahrheit etwas zu vergeben, noch | ||||||
18 | auf der andern meine Gesinnungen zu entdecken und mir zu schaden. | ||||||
19 | Unsern neuen Catechismus wird Ihnen Herr de la Garde geschickt | ||||||
20 | haben; über den Wisch selbst keine Anmerkung. Im Consistorio hat | ||||||
21 | es mächtigen Streit gegeben; als Wöllner die Sache vorgetragen und | ||||||
22 | die Cabinetsordre des Königs, die ich in Abschrift gesehen habe und | ||||||
23 | die ziemlich hart war, vorgelegt hatte, so mußte Zöllner als jüngster | ||||||
24 | Rath zuerst votiren. Er sprach mit vieler Wärme dagegen, und alle | ||||||
25 | geistliche und weltliche Räthe, den Präsident Hagen und Silberschlag | ||||||
26 | ausgenommen, traten ihm bei; vorzüglich ereiferten sich Teller und | ||||||
27 | Dietrich; der letzte sagte mit thränenden Augen, daß er wünsche nie den | ||||||
28 | Catechismus geschrieben zu haben, der dem neuen zum Grunde gelegt | ||||||
29 | ist, und daß er nie einwilligen werde. Wöllner sagte, daß man schon | ||||||
30 | Mittel finden würde, sich den Beitritt zu verschaffen; darauf so sagten | ||||||
31 | viele von den Räthen, sie würden sich eher kassiren laßen, als beitreten | ||||||
32 | und Dietrich (ein alter, schwächlicher Greis) stand auf und sagte: Ich | ||||||
33 | habe nur noch wenige Iahre zu leben, und also mache man was man | ||||||
34 | will; aber so lange ich noch ins Consistorium kommen darf, werde ich | ||||||
35 | nie einwilligen. Darauf setzte das Consistorium eine Protestation an | ||||||
36 | den König auf, die alle bis auf Hagen und Silberschlag unterschrieben; | ||||||
37 | der letztere hing vielmehr dem Circulare eine 8 Bogen lange Vertheidigung | ||||||
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