Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 113 |
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01 | ich doch, daß mir beide Collegia zusammen 100 Thlr. einbringen | ||||||
02 | werden. Logik lese ich über eigene Dictata, Crit. über des Herrn Prof. | ||||||
03 | Buch, das diesen Gegenstand abhandelt. So viel ich weiß, ist man | ||||||
04 | mit meinem Vortrage zufrieden und dis muß mir um so angenehmer | ||||||
05 | sein, da ich mehrere Geschäftsmänner zu Zuhörern habe. Ferner lese | ||||||
06 | ich der Oberhofmeisterin der Prinzessin Auguste, der Baronesse von | ||||||
07 | Bielefeld täglich von 8 bis 9 Uhr Anthropologie; und eben diese Vorlesungen | ||||||
08 | halte ich 4 Stunden wöchentlich dem Sohn des Buchhändler | ||||||
09 | Nicolai, dem Schwiegersohn d. H. C. G. R. Klein. Auch gebe ich | ||||||
10 | täglich eine Stunde Unterricht in der Mathematik und lese endlich mit | ||||||
11 | C. G. R. Mayer noch den Xenophon. - Sie sehen hieraus, theuerster | ||||||
12 | Herr Professor, daß ich über Mangel an Geschäfte nicht zu klagen | ||||||
13 | habe und daß ich mir auch meinen Unterhalt verschaffe; aber ich fürchte | ||||||
14 | nur, daß ich es bei meinem schwächlichen Körper nicht lange werde | ||||||
15 | aushalten können, und ich habe daher auf Mittel gedacht, mir den | ||||||
16 | Erwerb meines Unterhalts zu erleichtern. Durch die Baronesse von | ||||||
17 | Bielefeld, die bei Hofe viel gilt, denke ich mit dem Hofe selbst in nähere | ||||||
18 | Verbindung zu treten, und vielleicht Lehrer der Prinzessin Auguste zu | ||||||
19 | werden. Diese Stelle ist um so wichtiger, da mit ihr eine lebenslängliche | ||||||
20 | Pension verknüpft ist. Ferner hat mir der Kanzler von Hoffmann, | ||||||
21 | der O. C. R. v. Irrwing, die Baronesse von Bielefeld versprochen, bei | ||||||
22 | der ersten Vacanz einer Feldpredigerstelle in Berlin ihr ganzes Ansehen | ||||||
23 | für mich zu verwenden. Wie ich mit dem Minister von Wöllner | ||||||
24 | stehe? fragen Sie. Ich habe ihn gesprochen, und er hat mich seiner | ||||||
25 | Gnade in den prunkvollsten Ausdrücken versichert, aber diese Versicherung | ||||||
26 | geschah so geläufig, daß ich fürchten muß, daß er sie jedem, der | ||||||
27 | ihm aufwartet, thut. Man warnte mich, mich in meinen Vorlesungen | ||||||
28 | in Acht zu nehmen, weil man mir auflauern laßen würde, ob ich | ||||||
29 | etwas gegen die Religion vorbrächte, und rieth mir, beiläufig zu erinnern, | ||||||
30 | die kantische Philosophie sei dem Christenthum nicht zuwider. | ||||||
31 | Diesen Wink nutzte ich in der ersten Vorlesung über die Crit. d. pract. | ||||||
32 | V., und nannte unter den Titeln der ganzen Vorlesung auch die Uebereinstimmung | ||||||
33 | des formalen Gesetzes mit den Lehren des Christenthums. | ||||||
34 | Wirklich war ein junger Mensch gegenwärtig, der wörtlich meinen | ||||||
35 | ganzen Vortrag nachschrieb, und durch seine emsige Aengstlichkeit die | ||||||
36 | Aufmerksamkeit aller auf sich zog; und der auch nicht wieder kam. | ||||||
37 | Der O. C. R. von Irrwing gilt viel bei Wöllner, und dieser versichert | ||||||
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