Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 102

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 ähnlichen Gelegenheit sich ausdrückte, "mich eine kleine wollüstige Betäubung      
  02 empfinden ließ, die einem Schwindel ähnlich war" - bin ich      
  03 ein Tagewähler, wenigstens ein Tage Zähler geworden. Er sollte      
  04 kommen, kam nicht, und - wird nicht kommen, jener Tag an dem      
  05 ich fähig wäre, Ihnen die Freude auszudrücken, die ich fühlte, Ihnen      
  06 den Dank zu bringen, den ich so gern Ihnen bringen möchte.      
           
  07 Als meinen Lehrer; als einen Mann, den ich schon in meinem      
  08 Iünglingsalter mit lautem Herzklopfen bewunderte, und vor dem ich      
  09 nun, als einem mächtigen Eroberer und weisen Gesetzgeber im Reiche      
  10 der Wissenschaften, mich mit Ehrfurcht neigte, nannte ich Sie öffentlich      
  11 zu einer Zeit und unter Umständen, wo kein Schatten von Verdacht      
  12 der Schmeicheley oder des Eigennutzes bei diesen Aeußerungen - auf      
  13 mich fallen konnte. Sie selbst, Verehrungswürdigster Kant, erwähnen      
  14 Ihrer zuvor in der Berliner Monats=Schrift erschienenen Abhandlung      
  15 über das Orientiren; und Sie erwähnen derselben auf eine Weise,      
  16 welche nicht allein meinen Mund zu aller Klage verschließt, sondern      
  17 auch die leiseste, welche sich in meinem Herzen noch geregt haben      
  18 möchte, rein und auf immer daraus vertilgt. Keiner von Ihren Bewunderern      
  19 kann auf die Gesinnungen von Ehrfurcht und Liebe, womit      
  20 er Ihnen huldigt, ein Siegel, welches fester als das meine wäre,      
  21 drücken.      
           
  22 Das schöne Lob, welches Sie dem Grafen von Windisch= Grätz      
  23 ertheilen, habe ich demselben gleich kund gemacht, weil ich wußte, wie      
  24 sehr er sich darüber freuen würde. Meine Bekanntschaft mit diesem      
  25 trefflichen Manne ist noch sehr jung. Vorigen Winter schickte er mir      
  26 seine Objections aux sociétés secrettes und seinen Discours , und ma      
  27 mir einen großen Antheil an dem letztern bey, wegen des Aufsatzes:      
  28 Etwas was Lessing gesagt hat, welchen ihm zu Wien Graf Carl      
  29 von Sickingen, ein gemeinschaftlicher Freund, mitgetheilt hatte. Der      
  30 Discours ist ursprünglich nur für den Kaiser geschrieben und ihm auch      
  31 in der Handschrift zugestellt worden. Da der Fortgang der Brabanter      
  32 Unruhen bewies, daß er in den Händen des Kaisers unnütz war, so      
  33 schrieb der Verfasser seinem gekrönten Freunde, er fände nunmehr für      
  34 gut, diese Abhandlung gemein zu machen. Er ist gegenwärtig auf      
  35 seinen Gütern in Böhmen. Der gewöhnliche Ort seines Aufenthalts      
  36 war seit verschiedenen Iahren Brüssel, wo er, mit einer Prinzessinn      
  37 von Aremberg sich zum zweytenmahle vermählt hatte. Einige Tage,      
           
     

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