Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 095

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Doctoris zu promoviren unterrichtet haben. Sie erinnern Sich, da      
  02 ich vor einiger Zeit bey meinen Königsbergschen Freunden deshalb      
  03 anfrug; die mir aber den Rath ertheilten, wegen etwanniger Schwierigkeiten      
  04 lieber in Halle zu graduiren. Diesem zu folge war ich auch entschlossen      
  05 solches zu thun. Nachherige und wiederholte reife Betrachtungen      
  06 aber über den Vortheil, der mir unausbleiblich für meine künftige      
  07 Praxis etc. daraus erwächst, wenn ich hier promoviret habe, besonders      
  08 aber der große Nutzen, den ich daraus schöpfe, wenn ich als promotus      
  09 so wohl in England als in Deutschland reise, wodurch ich zugleich      
  10 das Recht erhalte, zu allen gelehrten Gesellschaften und Hospitälern      
  11 zugelassen zu werden, und welches ich mit Schwierigkeit, oder auch      
  12 gar nicht erlangen kann, wenn ich als Studente reise, haben mich      
  13 meinen Entschlus ändern und allhier den gradum nehmen, gemacht.      
  14 Ueberdem, sollten die Schwierigkeiten, die man mir in Berlin deswegen      
  15 machen könnte, nur in einem schärfern Examen bestehen; so      
  16 fürchte ich sie gar nicht. Und meines Wissens existirt kein Edict,      
  17 welches einem Preussen durchaus verböte, auswärts zu promoviren.      
  18 Die Erlaubnis nach Edinburgh zu gehen, habe ich, wie Sie wissen, vom      
  19 Ostpreußischen Etaatsministerio erhalten. Und sollte ja ein ausdrückliches      
  20 Verbot auf ausländische Universitäten zu graduiren vorhanden seyn; so      
  21 glaube ich doch bey meiner Anwesenheit in Berlin es dahin auszumitteln,      
  22 daß ich demselben entgehe. - Ich nehme mir die Freyheit Ihnen ein      
  23 Exemplar meiner inaugural- Dissertation zu übersenden, welcher ich      
  24 mich erdreistet habe Ihren Nahmen vorzusetzen; ich darfs nicht sagen,      
  25 daß dieses ein öffentliches, wiewohl geringfügiges und unvollkomnes      
  26 Merkmahl meiner aufrichtigsten Hochachtung für Sie und meiner      
  27 Dankbarkeit für die unbeschreiblichen Verdienste, die Sie um mich      
  28 haben, und für Ihre mir stets erwiesene Gewogenheit seyn soll.      
  29 Ich wünschte nur, daß diese kleine Schrift Ihres Nahmens würdiger      
  30 wäre; jedoch hoffe ich, daß Sie dieselbe, so wie sie ist, für das, was      
  31 sie eigentlich seyn soll, ansehen werden. Ich habe es gleichfalls nicht      
  32 unterlassen können, bey der erst möglichen Gelegenheit, meine Erkenntlichkeit      
  33 gegen meinen Freund und Wohlthäter Weiss öffentlich an      
  34 den Tag zu legen. Sie wissen, unter welche große Verbindlichkeiten      
  35 ich mich gegen ihn befinde, und daher bin ich so frey gewesen, seinen      
  36 Nahmen dem Ihrigen beyzufügen. - Vermuthlich wird's Ihnen auffallend      
  37 seyn, daß ich die Natur der Crystallisation, und nicht lieber ein      
           
     

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