Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 083

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 aber ein Gefühl in meiner Seele, das mir auf die Äusserungen der      
  02 Güte eines so sehr verehrten Mannes, so lange Verzicht zu thun gebeut,      
  03 bis er mich selbst derselben würdig erkannt hat. Aus diesem      
  04 Grunde glaube ich Sie der Mühe, mir selbst zu antworten, überheben      
  05 zu müssen und sie meinem Freunde zu übertragen.      
           
  06 Ietzt näher zur Sache, die folgendes Innhaltes ist. Meine Laufbahn,      
  07 die ich hier in Petersburg begonnen, ist schon vor ungefehr      
  08 drittehalb Iahren vollendet und keine neue, wozu ich in mir Neigung      
  09 fand, hat sich in dieser Zwischenzeit eröfnet. Predigerstellen, die mir      
  10 angetragen worden sind, habe ich aus mehreren Gründe, die ich hier      
  11 nicht an führen will, ausschlagen zu müssen geglaubt - Die Aussicht,      
  12 die der Vicepräsident dHE Etaatsrath Creideman auf eine philosophische      
  13 Lehrstelle mir gab, ist auch verschwunden, weil der verderbliche      
  14 Krieg den Plan, im Lande drey Universitäten zu errichten, zerrüttet      
  15 hat. Der Vorsatz aus dem Lande zu reisen hat sich daher endlich      
  16 eingefunden; aber wohin? Wohin anders als nach Königsberg, um      
  17 daselbst, meinem Hange gemäß, unter dem Verfasser der Critik der      
  18 reinen Vernunft, noch einmal die philosophischen Wissenschaften zu      
  19 studiren.      
           
  20 Aber nun entsteht die Frage: wenn es mir gelingen sollte, mich,      
  21 nach Ihrem eigenen Urtheil, einer Lehrstelle auf irgend einer deutschen      
  22 Universität würdig zu machen, ob Sie dann, unter dieser Bedingung      
  23 der Würdigkeit, die Sie allein zu beurtheilen berechtigt      
  24 seyn sollen, Hofnung haben können, mich, durch Ihre Empfelung,      
  25 irgendwo anzubringen? Hierüber wünschte ich, ehe ich mich zur Abreise      
  26 entschließe, Ihre Meinung u. Ihren Rath zu hören. Mögten      
  27 Sie mir doch sagen lassen, daß ich kommen solle, wenn ich, die Bedingung      
  28 zu erfüllen, Muth genug fühlte!      
           
  29 Ich habe vor mehreren Iahren, (jetzt bin ich 34 Iahre alt,) in      
  30 Kiel Theologie studirt. Ich hatte das Unglück aber in den Ruf der      
  31 Heterodoxie zu kommen und mußte deswegen manches von der obern      
  32 Geistlichkeit leiden, aber am meisten von dem Bischof Hee in Aarhus.      
  33 Dieser beschuldigte mich, in einem Brief an den Geheimerath Güldencrone,      
  34 bey dessen Kindern ich Hofmeister geworden war, abscheulicher,      
  35 miserabler und seelenverderblicher Irrthümer und verlangte, nach einem      
  36 dänischen Gesetz, daß ich nicht, wie es bestimmt war, mit meinen      
  37 Eleven ausser Landes geschickt würde, weil ich dann noch mehr freye      
           
     

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