Kant: AA X, Briefwechsel 1785 , Seite 399

     
           
 

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  01 Ich kann das Gefühl nicht beschreiben das ich hatte. Es war Freude,      
  02 Schrecken und Indignation zusammen, letztre besonders, wenn ich an      
  03 die Unbescheidenheit mancher Gelehrten dieses seculi denke, die nicht      
  04 werth seyn dürften einem Kant die Riemen an den Schuhen aufzulösen.      
           
  05 Haben Sie doch die Gewogenheit Innigstverehrter Mann, mir      
  06 mit nächstem zu melden, ob Sie nicht noch einige der besten philosophischen      
  07 Werke für dis halbe Iahr recensiren wollen z. B. Platners      
  08 Aphorismen; Eberhards vermischte Schriften u. e. a.      
           
  09 Noch in dem März oder April der Allg. Lit. Zeitung soll bey      
  10 Gelegenheit des Hn. HofPr. Schulz eine Darstellung der Revolution,      
  11 die die Metaphysik Ihnen zu danken hat erscheinen. Ihr Werk ist      
  12 wahrhaftig kein αγωνισμα ες το παραχρημα, es ist ein κτημα ες αει.      
           
  13 Da man überall fest glaubt, daß Sie der Recensent in der      
  14 A. L. Z. von Herders Buche sind, so höre ich heute Hr. H. wolle selbst      
  15 an Sie schreiben. Ich möchte wohl wissen obs wahr wäre. O wie      
  16 wahr ists, was Sie sagen, es gibt der Leute wenig, denen Philosophie      
  17 am Herzen liegt. Hätte ich H. Buch geschrieben, ich würde stolzer auf      
  18 Ihre Kritik seyn, als auf das elende Lobgewäsche seichter Köpfe.      
           
  19 Ich brenne vor Begierde Ihre neue Schrift zu sehn. Glauben      
  20 Sie mir Ihr Werk wirkt im Stillen mehr, als Sie vielleicht denken.      
  21 Eine artige Anekdote muß ich Ihnen melden. Hr. Platner gibt seine      
  22 Aphorismen neu heraus; da sie bogenweise herauskamen, war auf      
  23 einem Blatte ein Zweifel gegen eine Stelle Ihrer Kritik vorgebracht,      
  24 und zugleich angezeigt, daß Ihre Kritik im Anhange besonders untersucht      
  25 werden solle. Nun da die Aphorismen herauskommen, wird jenes      
  26 Blatt durchgeschnitten, ein Carton dafür gedruckt, und der Anhang ist      
  27 gar nicht erschienen. Vermuthlich hat Hr. P. seine Zweifel nach wiederholtem      
  28 Nachdenken gehoben gefunden.      
           
  29 Ich muß izt abbrechen, und kann Sie nur noch ersuchen die Beylage      
  30 an die Hartungische Buchhandlung abgeben zu lassen; und zwar      
  31 gleich nach Empfang dieses.      
           
  32 In einigen Posttagen schreib' ich Ihnen wieder; indessen bitte nur mit      
  33 zwey Worten mir (unfrankirt) wissen zu lassen, ob Sie obige Bücher recensiren      
  34 wollen; auch was Sie sonst etwa noch zur A. L. Z. beytragen möchten.      
           
  35 Auch an Ihren treffl. Ausätzen in der Berliner Monatschrift habe      
  36 ich mich herzlich erbauet, und statte Ihnen meines Theils den Dank      
  37 ab, den Ihnen gewiß unzähliche Leser im Herzen dafür sagen.      
           
           
     

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