Kant: AA X, Briefwechsel 1779 , Seite 255 |
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01 | so schwere, mir so unmögliche Wahl, daß ich sie Ihnen selbst, im Fall | ||||||
02 | Sie noch bey Ihren gütigen Gesinnungen gegen mich verharrt sind, | ||||||
03 | ganz und gar überlasse. Metaphysisches freylich wäre mir, um der | ||||||
04 | Bestimmung meines Büchleins willen, nicht so lieb, als Physisches: aber | ||||||
05 | Beobachtungen - wie einmal die über das Schöne und Erhabene waren | ||||||
06 | - die wären mir wieder so angenehm, als das Interessanteste aus | ||||||
07 | Natur= und Menschengeschichte. Sie, der Sie Ihren ganzen Reichthum | ||||||
08 | vor sich haben, und wissen, wie viel Sie davon vergeben und wie viel Sie | ||||||
09 | für sich behalten wollen: theilen Sie mir mit, was Ihnen gefällt,und glauben | ||||||
10 | Sie, daß ich mich nach Möglichkeit bestreben werde, die übrigen Aufsätze | ||||||
11 | des dritten Theils der Gesellschaft des Ihrigen nicht ganz unwürdig | ||||||
12 | zu machen. - Aber ist es nicht schlimm, mein bester Herr Professor, | ||||||
13 | daß ein Mann, der so viel Erwartungen gegeben und der so sehr im | ||||||
14 | Stande wäre, sie zu befriedigen, ein Mann, von dem wir schon solange | ||||||
15 | eine Metaphysik und eine Moral hoffen; daß der uns nur immer | ||||||
16 | durch einzelne Stücke nach seinen ganzen Werken begieriger macht, und | ||||||
17 | diese Werke selbst so lange zurückhält? - Wenn Sie mir, wider Verhoffen, | ||||||
18 | meine Bitte abschlagen sollten, so trösten Sie mich wenigstens | ||||||
19 | durch die Versicherung, daß die Herausgabe irgend eines Ihrer Werke | ||||||
20 | nahe bevorstehe. Ein solcher Trost würde mir so angenehm seyn, | ||||||
21 | als kaum das Geschenk, über dessen vergebliche Erwartung er mir gegeben | ||||||
22 | würde. | ||||||
23 | Erhalten Sie mir Ihre so schäzbare Freundschaft und Gewogenheit, | ||||||
24 | und seyn Sie der vollkommensten Hochachtung gewiß, womit ich | ||||||
25 | unaufhörlich bin | ||||||
26 | Ew. Wohlgeb. | ||||||
27 | Berlin, | ||||||
28 | den 22st April | gehorsamster u. verbundenster Diener | |||||
29 | 1779. | Engel. | |||||
152. | |||||||
31 | An Iohann Iacob Engel. | ||||||
32 | 4. Iuli 1779. | ||||||
33 | Wohlgebohrner | ||||||
34 | höchstzuehrender Herr Professor | ||||||
35 | Es ist mir so angenehm als schmeichelhaft, mit einem Manne in | ||||||
36 | einige Gemeinschaft literärischer Beschäftigungen zu treten, der unter | ||||||
37 | den wenigen, die, bey dem überhandnehmenden Verfall des guten | ||||||
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