Kant: AA X, Briefwechsel 1777 , Seite 207 |
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Text (Kant):
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01 | Kaufmann Königsberg verlassen habe. Sie beruhigen dadurch einen | ||||||
02 | besorgten Freund. | ||||||
117. | |||||||
04 | Von Iohann Timotheus Hermes. | ||||||
05 | 1. Iuli 1777. | ||||||
06 | T. | ||||||
07 | Allerdings habe ich die schäzbarsten Beweise, daß Sie, Bester | ||||||
08 | Mann, Ihres ehemaligen Schülers sich noch gütig erinnern. Heute | ||||||
09 | aber ist mirs doch so ums Herz als müste ich in Ihrem Andenken | ||||||
10 | mich erneuern. Ich thue es indem ich den Ueberbringer Ihrer Leitung | ||||||
11 | empfehle; u. darf ich mehr erbitten: so sei es Liebe für diesen | ||||||
12 | Iüngling! | ||||||
13 | Um diese beiden Bitten weis er: denn ich war der Gewärung | ||||||
14 | derselben gewis. Ihr Herz war mir dafür Bürge: Himmel! wer | ||||||
15 | empfal denn mich, damals Hypochondrischen, Iüngling? und doch | ||||||
16 | sahn Sie bald, daß Ihre Aussaat, die von den Blättern so manches | ||||||
17 | gesunden Dornstrauchs abprallte, zu mir, aufs gute Land hinrollen | ||||||
18 | könnte ; u. hie u. da mus sie doch in mir gewurzelt haben? wenigstens | ||||||
19 | dencke ich das mit reger Dankbarkeit gegen Sie, so oft ich seh, da | ||||||
20 | man in meinen Schriften Philosophie, u. in meinen Predigten Ordnung, | ||||||
21 | zu finden glaubt. | ||||||
22 | Indessen habe ich doch dem jungen Zeuschner nichts davon gesagt, | ||||||
23 | daß ich bei dem starken Zuflus Ihrer Zuhörer hoffe, Sie werden | ||||||
24 | nichts dawider haben, wenn er als ein Armer, aber Hungriger, das | ||||||
25 | Hündlein bei den Brosamen Ihrer Reichen wird. Gieb ihm Ein | ||||||
26 | Collegium frei, u. zwar dein Bestes, lieber Oncle im Apoll ! denn | ||||||
27 | "Bruder im Apoll" darf ich doch nicht sagen bei so grossem Abstande | ||||||
28 | des Alters, der Verhältnisse, des Wissens, u. des Schriftstellernamens! | ||||||
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30 | Und bedarfs dazu Bewegungsgründe.? hier sind sie. Zeuschner | ||||||
31 | hat auf der elenden Elisabethschule nichts geschmekt: aber er hat | ||||||
32 | Sinn für das Wahre und Schöne; Er hat Fähigkeiten welche, langsam, | ||||||
33 | aber bis ins Innre, sich entwikeln; Er ist fleissig, obwol sein | ||||||
34 | Pfad, auf welchem er mühsam geht, bisher immer ziellos war; Er | ||||||
35 | hat ein gutes Herz, deutsch u. gesund; sein treflicher Vater, ist mein | ||||||
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