Kant: AA X, Briefwechsel 1772 , Seite 135

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 mit blos negativen Sätzen, man muß an die Stelle dessen, was man      
  02 niederreißt, aufbauen, oder wenigstens, wenn man das Hirngespinst      
  03 weggeschaft hat, die reine Verstandeseinsicht dogmatisch begreiflich      
  04 machen, u. deren Grenzen zeichnen. Damit bin ich nun beschäftigt      
  05 und dieses ist die Ursach, weswegen ich die Zwischenstunden, die mir      
  06 meine sehr wandelbare Leibesbeschaffenheit zum Nachdenken erlaubt, oft      
  07 wieder meinen Vorsatz der Beantwortung freundschaftlicher Briefe      
  08 entziehe, und mich dem Hange meiner Gedancken überlasse. Entsagen      
  09 Sie denn also in Ansehung meiner dem Rechte der Wiedervergeltung      
  10 mich ihrer Zuschriften darum entbehren zu lassen weil Sie mich so      
  11 nachläßig zu Antworten finden. Ich mache auf Ihre immerwährende      
  12 Neigung u. Freundschaft gegen mich eben so Rechnung wie Sie sich      
  13 der Meinigen iederzeit versichert halten können. Wollen Sie auch      
  14 mit kurzen Antworten zufrieden seyn so sollen Sie dieselbe künftig      
  15 nicht vermissen. Zwischen uns muß die Versicherung einer redlichen      
  16 Antheils daß einer an dem andern nimmt die Stelle der Formalitäten      
  17 ersetzen. Zum Zeichen Ihrer aufrichtigen Versöhnung erwarte nächstens      
  18 Ihr mir sehr angenehmes Schreiben. Füllen Sie es ia mit Nachrichten      
  19 an worann Sie, der Sie sich im Sitze der Wissenschaften befinden,      
  20 keinen Mangel haben werden, und vergeben Sie die Freyheit womit      
  21 ich darum ersuche. Grüssen Sie Herren Mendelssohn und HEn Lambert      
  22 imgleichen HEn Sultzer und machen Sie meine Entschuldigung wegen      
  23 der ähnlichen Ursache an diese Herren. Seyn Sie beständig mein      
  24 Freund wie ich der Ihrige      
           
  25 Koenigsb.        
  26 d 21. Febr: I. Kant.      
  27 1772        
           
           
    71.      
  29 An König Friedrich II.      
           
  30 14. April 1772.      
           
  31 Allerdurchlauchtigster etc      
           
  32 Ewr. Königl. Majestaet haben im Iahr 1766 allergnädigst geruhet,      
  33 mir die Stelle eines SubBibliothecarii an der Königl. SchloßBibliothec      
  34 zu conferiren, welcher ich auch bis daher gebührend vorgestanden      
  35 bin. Da mir nun seit der Zeit das Amt eines Professoris      
  36 Ordinarii bey dieser Vniversitaet, im Iahr 177O allerhuldreichst ertheilet      
  37 worden und es nicht allein bis daher ungewöhnlich ist, daß die Stelle      
           
     

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