Kant: AA X, Briefwechsel 1770 , Seite 115 |
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Text (Kant):
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01 | scheinet mehr die Armuth der Sprache, als die Unrichtigkeit des | ||||||
02 | Begriffes zu beweisen. Das Wörtlein post bedeutet zwar ursprünglich | ||||||
03 | eine Zeitfolge; allein man kan auch überhaupt dadurch die Ordnung | ||||||
04 | anzeigen, in welcher zwey wirkliche Dinge A und B vorhanden sind, | ||||||
05 | davon A nicht anders seyn kan, als wenn, oder indem, B nicht ist. | ||||||
06 | Mit einem Worte, die Ordnung, in welcher zwey, sich schlechterdings, | ||||||
07 | oder auch hypothetisch widersprechende Dinge, dennoch vorhanden seyn | ||||||
08 | können. - Sie werden sagen, das wenn oder indem, das ich nicht | ||||||
09 | vermeiden kan, setzet abermals die Idee der Zeit voraus? - Nun | ||||||
10 | gut! so wollen wir denn, wenn Sie meinen, auch diesem Wortlein ausweichen. | ||||||
11 | Ich fange mit folgender Worterklärung an: | ||||||
12 | A und B beide wirklich, und von Einem Grunde C die | ||||||
13 | unmittelbare (oder auch gleichweit entfernte) Folge ( rationata ), | ||||||
14 | nenne ich hypothetisch verträgliche Dinge ( compossibilia secundum | ||||||
15 | quid ); sind sie aber ungleich weit entfernte Folgen oder rationata | ||||||
16 | so nenne ich sie hypothetisch unverträglich. | ||||||
17 | Nun fahre ich fort: | ||||||
18 | Die hypothetisch verträglichen Dinge (Dinge, die auch in diser | ||||||
19 | Welt compossibilia sind) sind gleichzeitig, simultanea; die | ||||||
20 | hypothetisch unverträglichen Actualia aber folgen auf einander, | ||||||
21 | und zwar das nähere rationatum gehet voran, das entfernte | ||||||
22 | folget. | ||||||
23 | Hier ist, wie ich hoffe, kein Wort, das die Idee der Zeit voraussetzet. | ||||||
24 | Allenfalls wird es mehr in der Sprache, als in den Gedanken | ||||||
25 | liegen. | ||||||
26 | Daß die Zeit etwas blos Subjektives seyn sollte, kan ich mich | ||||||
27 | aus mehrern Gründen nicht bereden. Die Succeßion ist doch | ||||||
28 | wenigstens eine nothwendige Bedingung der Vorstellungen endlicher | ||||||
29 | Geister. Nun sind die endlichen Geister nicht nur Subjekte, sondern | ||||||
30 | auch Objekte der Vorstellungen, so wohl Gottes, als ihrer Mitgeister. | ||||||
31 | Mithin ist die Folge auf einander, auch als etwas objektives anzusehen. | ||||||
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33 | Da wir übrigens in den vorstellenden Wesen und ihren Veränderungen | ||||||
34 | eine Folge zugeben müssen, warum nicht auch in dem | ||||||
35 | sinnlichen Objekte, Muster und Vorbild der Vorstellungen, in der Welt? | ||||||
36 | Wie Sie (Seite 17) in dieser Art, sich die Zeit vorzustellen, einen | ||||||
37 | fehlerhaften Zirkel finden, begreiffe ich nicht. Die Zeit ist (nach | ||||||
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