Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 287 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
01 | Die Gewitter entstehen vornehmlich aus dem Gegeneinanderstreben | ||||||
02 | zweier Winde, welche Wolken von verschiedener Elektricität vermengen, | ||||||
03 | daher nach denselben öfters der Wind sich ändert, und die Gewitter gemeiniglich | ||||||
04 | gegen den Wind aufsteigen. | ||||||
05 | In den indischen oder äthiopischen Meeren folgen in den zwei | ||||||
06 | Jahreshälften zwei Wechselwinde auf einander, welche zu derjenigen Zeit, | ||||||
07 | wenn sie einander ablösen, erstlich Windstillen, hierauf ein unordentliches | ||||||
08 | Wehen aus allen Gegenden rund um den Compaß, endlich aber Sturm, | ||||||
09 | Platzregen und Gewitter zuwegebringen, welche, wenn sie höchstens nur | ||||||
10 | eine halbe Stunde wehen, Tornados heißen; wehen sie aber etliche Stunden, | ||||||
11 | ja wohl Tage, so heißen sie Travados. | ||||||
12 | Nicht weit von der Küste Sierra Leona gegen Abend ist eine | ||||||
13 | Gegend, die man die Gegend der Tornaden nennt, worin mit Stürmen, | ||||||
14 | fast beständigem Regen und Gewitter abwechselnde Windstillen | ||||||
15 | herrschen. | ||||||
16 | Im Mexikanischen Meerbusen steigt bei abwechselnden Winden | ||||||
17 | gen Nordwest eine schwarze, flache Wolke etliche Grade über den Horizont; | ||||||
18 | diese heißt man die Nordbank; darauf fängt ein reißender Sturm von | ||||||
19 | Nordwest an, welchen man den Nord nennt. Alle niedrigen Wolken treiben | ||||||
20 | mit großer Schnelligkeit, nur die Nordbank ruht, bis der Sturm vorüber | ||||||
21 | ist. Weil vor diesem Winde, Nord genannt, gemeiniglich ein sanfter Südwestwind, | ||||||
22 | hernach eine stille Luft vorhergeht: so sieht man wohl, daß die | ||||||
23 | entgegenströmenden Luftzüge erstlich einander aufhalten, dann eine Drehung | ||||||
24 | in der obern Luft verursachen, wo sie die Dünste in eine dicke Wolke | ||||||
25 | zusammentreiben, woraus die Nordbank entsteht, und daß die daselbst sich | ||||||
26 | häufende Luft unterwärts mit großer Gewalt herausbreche. Die Wolke | ||||||
27 | selbst, weil sie im Mittelpunkte dieses Wirbels ist, muß ruhen. Wenn der | ||||||
28 | Wind nach Süden springt, so ist das Unglück am größten. Diese Winde | ||||||
29 | sind dem December und Junimonate eigen. Die Südwinde, die im Juni, | ||||||
30 | Juli und August häufig sind, herrschen zu der Zeit, wenn die Südwestwinde | ||||||
31 | in dieser Gegend vornehmlich wehen, die Zurückströmung aber der | ||||||
32 | nördlichen Luft ihnen bisweilen widerstrebt. | ||||||
33 | Die Orkane ( Ouragans ) in eben diesem Meere und an den umherliegenden | ||||||
34 | Seeküsten treiben Wolken, die wie Pumpen aussehen, anstatt | ||||||
35 | daß die Nords eine flache Wolke machen. Ihre Farbe ist gräßlich: | ||||||
36 | 1) blasse Feuerfarbe, 2) kupferroth und 3) schwarz. Erstlich kommt der | ||||||
37 | Wind aus Südost, dann Windstille, dann Südwest. | ||||||
[ Seite 286 ] [ Seite 288 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |