Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 170 |
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01 | Werkschuhe beträgt, solcher Meilen aber 15 auf einen Grad gehen: so | ||||||
02 | beläuft sich die Größe einer Minute der Erde auf eine Viertelmeile und | ||||||
03 | hat 6000 Werkschuhe Länge. Folglich hat der eintausendste Theil dieser | ||||||
04 | Minute 6 Fuß, und das ist der geometrische Schritt. Nach älteren | ||||||
05 | Messungen hatte eine geographische Meile nur 20000 Schuhe, folglich | ||||||
06 | die Viertelmeile oder Minute der Erde auch nur 5000 und der geometrische | ||||||
07 | Schritt nur 5 Fuß. | ||||||
08 | Eine Klafter oder eine Toise ist dasselbe, was bei den Schiffern | ||||||
09 | ein Faden und in der Sprache der Bergleute ein Lachter heißt. Er | ||||||
10 | beträgt 6 Fuß oder 5 Dresdner Ellen. | ||||||
11 | Anmerkung. In Rücksicht auf das neue französische Maß ist zu bemerken, | ||||||
12 | daß jeder Viertelkreis in 100 Grade getheilt wird. Jeder Grad hält | ||||||
13 | 100 Minuten, jede Minute 100 Secunden. Der gewöhnliche Grad verhält sich | ||||||
14 | zu dem neufranzösischen wie 60 zu 54, oder wie 10 zu 9, die alte Minute des | ||||||
15 | Kreises zur neuen wie 60 zu 32,4, die alte Secunde zur neuen wie 1 zu 0,324. | ||||||
16 | S. v. Zach, Allgem. geograph. Ephemeriden. Bd. 1. S. 91, in | ||||||
17 | welcher trefflichen Zeitschrift man, so wie über andere Gegenstände der mathematischen | ||||||
18 | und physischen Geographie, so auch über ältere und neuere Erd= und | ||||||
19 | Grademessungen überaus viel Schönes antrifft. Zu dem im Obigen von der | ||||||
20 | geographischen Meile Gesagten muß man nothwendig noch vergleichen: Gehlers | ||||||
21 | physikalisches Wörterbuch. Th. III S. 186. u. f., so wie die Meilentafel | ||||||
22 | bei Gaspari a. a. O. S. 80. u. f. | ||||||
23 | §. 9. |
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24 | Die Erde hat eine Bewegung von Abend gegen Morgen, daher erfolgt | ||||||
25 | der Aufgang der Sonne und der Gestirne in entgegengesetzter Richtung | ||||||
26 | der Erdbewegung, das heißt, von Morgen gegen Abend. | ||||||
27 | Die Bewegung des Sternhimmels ist nur scheinbar, denn weil wir | ||||||
28 | die Bewegung der Erde, auf der wir uns befinden, nicht wahrnehmen: | ||||||
29 | so haben wir eine scheinbare Bewegung des Himmels, wissen aber nicht, | ||||||
30 | ob sich der Himmel oder die Erde bewege. Es ist hier derselbe Fall, als | ||||||
31 | wenn ein Schiff auf offner stiller See vor Anker liegt, ein anderes Schiff | ||||||
32 | aber, auf dem ich mich etwa befinde, von dem Meerstrome getrieben wird: | ||||||
33 | so weiß ich nicht, welches von beiden Schiffen sich bewege, ob das erste | ||||||
34 | oder das letztere. Gerade in derselben Art wissen denn auch wir nicht, ob | ||||||
35 | der Sternhimmel oder ob wir unsere Stelle verändern. Der Beweis, da | ||||||
36 | die Erde nicht stille stehe, sondern daß gerade sie es sei, die sich bewege, | ||||||
37 | mußte mit ungemeiner Subtilität geführt werden. | ||||||
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