Kant: AA VIII, Zum ewigen Frieden. Ein ... , Seite 367 |
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01 | ihrem eigenen Zweck, der rechtlichen Vorschrift, Raum zu machen und hiemit | ||||||
02 | auch, soviel an dem Staat selbst liegt, den inneren sowohl als äußeren | ||||||
03 | Frieden zu befördern und zu sichern. - Hier heißt es also: Die Natur | ||||||
04 | will unwiderstehlich, daß das Recht zuletzt die Obergewalt erhalte. Was | ||||||
05 | man nun hier verabsäumt zu thun, das macht sich zuletzt selbst, obzwar | ||||||
06 | mit viel Ungemächlichkeit. - "Biegt man das Rohr zu stark, so brichts; | ||||||
07 | und wer zu viel will, der will nichts." Bouterwek. | ||||||
08 | 2. Die Idee des Völkerrechts setzt die Absonderung vieler von | ||||||
09 | einander unabhängiger benachbarter Staaten voraus; und obgleich ein | ||||||
10 | solcher Zustand an sich schon ein Zustand des Krieges ist (wenn nicht eine | ||||||
11 | föderative Vereinigung derselben dem Ausbruch der Feindseligkeiten vorbeugt): | ||||||
12 | so ist doch selbst dieser nach der Vernunftidee besser als die Zusammenschmelzung | ||||||
13 | derselben durch eine die andere überwachsende und in | ||||||
14 | eine Universalmonarchie übergehende Macht, weil die Gesetze mit dem vergrößerten | ||||||
15 | Umfange der Regierung immer mehr an ihrem Nachdruck einbüßen, | ||||||
16 | und ein seelenloser Despotism, nachdem er die Keime des Guten | ||||||
17 | ausgerottet hat, zuletzt doch in Anarchie verfällt. Indessen ist dieses das | ||||||
18 | Verlangen jedes Staats (oder seines Oberhaupts), auf diese Art sich in | ||||||
19 | den dauernden Friedenszustand zu versetzen, daß er wo möglich die ganze | ||||||
20 | Welt beherrscht. Aber die Natur will es anders. - Sie bedient sich | ||||||
21 | zweier Mittel, um Völker von der Vermischung abzuhalten und sie abzusondern, | ||||||
22 | der Verschiedenheit der Sprachen und der Religionen*), die | ||||||
23 | zwar den Hang zum wechselseitigen Hasse und Vorwand zum Kriege bei | ||||||
24 | sich führt, aber doch bei anwachsender Cultur und der allmähligen Annäherung | ||||||
25 | der Menschen zu größerer Einstimmung in Principien zum Einverständnisse | ||||||
26 | in einem Frieden leitet, der nicht wie jener Despotism (auf | ||||||
27 | dem Kirchhofe der Freiheit) durch Schwächung aller Kräfte, sondern durch | ||||||
28 | ihr Gleichgewicht im lebhaftesten Wetteifer derselben hervorgebracht und | ||||||
29 | gesichert wird. | ||||||
*) Verschiedenheit der Religionen: ein wunderlicher Ausdruck! gerade als ob man auch von verschiedenen Moralen spräche. Es kann wohl verschiedene Glaubensarten historischer, nicht in die Religion, sondern in die Geschichte der zu ihrer Beförderung gebrauchten, ins Feld der Gelehrsamkeit einschlagender Mittel und eben so verschiedene Religionsbücher (Zendavesta, Vedam, Koran u. s. w.) geben, aber nur eine einzige für alle Menschen und in allen Zeiten gültige Religion. Jene also können wohl nichts anders als nur das Vehikel der Religion, was zufällig ist und nach Verschiedenheit der Zeiten und Örter verschieden sein kann, enthalten. | |||||||
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