Kant: AA VIII, Über den Gemeinspruch Das ... , Seite 313

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Staaten freiwillig bequemen sollen, um seinen Gesetzen zu gehorchen, mag      
  02 in der Theorie eines Abbé von St. Pierre, oder eines Rousseau noch so      
  03 artig klingen, so gilt er doch nicht für die Praxis; wie er denn auch von      
  04 großen Staatsmännern, mehr aber noch von Staatsoberhäuptern als      
  05 eine pedantisch=kindische aus der Schule hervorgetretene Idee jederzeit      
  06 ist verlacht worden.      
           
  07 Ich meinerseits vertraue dagegen doch auf die Theorie, die von dem      
  08 Rechtsprincip ausgeht, wie das Verhältniß unter Menschen und Staaten      
  09 sein soll, und die den Erdengöttern die Maxime anpreiset, in ihren      
  10 Streitigkeiten jederzeit so zu verfahren, daß ein solcher allgemeiner Völkerstaat      
  11 dadurch eingeleitet werde, und ihn also als möglich ( in praxi ), und      
  12 daß er sein kann, anzunehmen; - zugleich aber auch ( in subsidium ) auf      
  13 die Natur der Dinge, welche dahin zwingt, wohin man nicht gerne      
  14 will ( fata volentem ducunt, nolentem trahunt ). Bei dieser letzteren wird      
  15 dann auch die menschliche Natur mit in Anschlag gebracht: welche, da in      
  16 ihr immer noch Achtung für Recht und Pflicht lebendig ist, ich nicht für so      
  17 versunken im Bösen halten kann oder will, daß nicht die moralisch=praktische      
  18 Vernunft nach vielen mißlungenen Versuchen endlich über dasselbe      
  19 siegen und sie auch als liebenswürdig darstellen sollte. So bleibt es also      
  20 auch in kosmopolitischer Rücksicht bei der Behauptung: Was aus Vernunftgründen      
  21 für die Theorie gilt, das gilt auch für die Praxis.      
           
           
     

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