Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 215

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Von seiner gänzlichen Verkennung des wahren Sinnes der Kritik      
  02 und von der Grundlosigkeit dessen, was er an die Stelle desselben zum      
  03 Behuf eines besseren Systems setzen zu können vorgiebt, können hier      
  04 nur einige Beläge gegeben werden; denn selbst der entschlossenste Streitgenosse      
  05 des Herrn Eberhards würde über der Arbeit ermüden, die Momente      
  06 seiner Einwendungen und Gegenbehauptungen in einen mit sich selbst      
  07 stimmenden Zusammenhang zu bringen.      
           
  08 Nachdem er S. 275 gefragt hat: "Wer (was) giebt der Sinnlichkeit      
  09 ihren Stoff, nämlich die Empfindungen?" so glaubt er wider die Kritik      
  10 abgesprochen zu haben, indem er S. 276 sagt: "Wir mögen wählen, welches      
  11 wir wollen - so kommen wir auf Dinge an sich." Nun ist ja das eben      
  12 die beständige Behauptung der Kritik; nur daß sie diesen Grund des Stoffes      
  13 sinnlicher Vorstellungen nicht selbst wiederum in Dingen, als Gegenständen      
  14 der Sinne, sondern in etwas Übersinnlichem setzt, was jenen zum      
  15 Grunde liegt und wovon wir kein Erkenntniß haben können. Sie sagt:      
  16 die Gegenstände als Dinge an sich geben den Stoff zu empirischen Anschauungen      
  17 (sie enthalten den Grund, das Vorstellungsvermögen seiner      
  18 Sinnlichkeit gemäß zu bestimmen), aber sie sind nicht der Stoff derselben.      
           
  19 Gleich darauf wird gefragt, wie der Verstand nun jenen Stoff (er      
  20 mag gegeben sein, woher er wolle) bearbeite. Die Kritik bewies in der      
  21 transscendentalen Logik: daß dieses durch Subsumtion der sinnlichen      
  22 (reinen oder empirischen) Anschauungen unter die Kategorien geschehe,      
  23 welche Begriffe von Dingen überhaupt gänzlich im reinen Verstande      
  24 a priori gegründet sein müssen. Dagegen deckt Herr Eberhard S. 276 - 279      
  25 sein System auf, dadurch daß er sagt: "Wir können keine allgemeine      
  26 Begriffe haben, die wir nicht von den Dingen, die wir durch die Sinnen      
  27 wahrgenommen, oder von denen, deren wir uns in unserer eigenen Seele      
  28 bewußt sind, abgezogen haben," Welche Absonderung von dem Einzelnen      
  29 er dann in demselben Absatze genau bestimmt. Dieses ist der erste Actus      
  30 des Verstandes. Der zweite besteht S. 279 darin: daß er aus jenem      
  31 sublimirten Stoffe wiederum Begriffe zusammensetzt. Vermittelst der Abstraction      
  32 gelangte also der Verstand (von den Vorstellungen der Sinne)      
  33 bis zu den Kategorien, und nun steigt er von da und den wesentlichen      
  34 Stücken der Dinge zu den Attributen derselben. So, heißt es S. 278,      
  35 "erhält also der Verstand mit Hülfe der Vernunft neue zusammengesetzte      
  36 Begriffe; so wie er selbst durch die Abstraction zu immer allgemeineren      
           
     

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