Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 259 |
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01 | jeden Anderen davon abzuhalten. 3. Die Zueignung ( approbatio ) | ||||||
02 | als Act eines äußerlich allgemein gesetzgebenden Willens (in der Idee), | ||||||
03 | durch welchen jedermann zur Einstimmung mit meiner Willkür verbunden | ||||||
04 | wird. - Die Gültigkeit des letzteren Moments der Erwerbung, als worauf | ||||||
05 | der Schlußsatz: der äußere Gegenstand ist mein, beruht, d. i. daß | ||||||
06 | der Besitz als ein bloß rechtlicher gültig ( possessio noumenon ) sei, | ||||||
07 | gründet sich darauf: daß, da alle diese Actus rechtlich sind, mithin aus | ||||||
08 | der praktischen Vernunft hervorgehen, und also in der Frage, was Rechtens | ||||||
09 | ist, von den empirischen Bedingungen des Besitzes abstrahirt werden | ||||||
10 | kann, der Schlußsatz: der äußere Gegenstand ist mein, vom sensibelen auf | ||||||
11 | den intelligibelen Besitz richtig geführt wird. | ||||||
12 | Die ursprüngliche Erwerbung eines äußeren Gegenstandes der Willkür | ||||||
13 | heißt Bemächtigung ( occupatio ) und kann nicht anders, als an | ||||||
14 | körperlichen Dingen (Substanzen) statt finden. Wo nun eine solche statt | ||||||
15 | findet, bedarf sie zur Bedingung des empirischen Besitzes die Priorität | ||||||
16 | der Zeit vor jedem Anderen, der sich einer Sache bemächtigen will ( qui | ||||||
17 | prior tempore potior iure ). Sie ist als ursprünglich auch nur die Folge | ||||||
18 | von einseitiger Willkür; denn wäre dazu eine doppelseitige erforderlich, | ||||||
19 | so würde sie von dem Vertrag zweier (oder mehrerer) Personen, folglich | ||||||
20 | von dem Seinen Anderer abgeleitet sein. - Wie ein solcher Act der Willkür, | ||||||
21 | als jener ist, das Seine für jemanden begründen könne, ist nicht leicht | ||||||
22 | einzusehen. - Indessen ist die erste Erwerbung doch darum sofort nicht | ||||||
23 | die ursprüngliche. Denn die Erwerbung eines öffentlichen rechtlichen | ||||||
24 | Zustandes durch Vereinigung des Willens Aller zu einer allgemeinen | ||||||
25 | Gesetzgebung wäre eine solche, vor der keine vorhergehen darf, und doch | ||||||
26 | wäre sie von dem besonderen Willen eines jeden abgeleitet und allseitig: | ||||||
27 | da eine ursprüngliche Erwerbung nur aus dem einseitigen Willen hervorgehen | ||||||
28 | kann. | ||||||
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31 | 1. Der Materie (dem Objecte) nach erwerbe ich entweder eine | ||||||
32 | körperliche Sache (Substanz) oder die Leistung (Causalität) eines | ||||||
33 | Anderen oder diese andere Person selbst, d. i. den Zustand derselben, so | ||||||
34 | fern ich ein Recht erlange, über denselben zu verfügen (das Commercium | ||||||
35 | mit derselben). | ||||||
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