Kant: AA IV, Metaphysische Anfangsgründe ... , Seite 548 |
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Text (Kant):
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| 01 | Zusatz 1. |
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| 02 | Hieraus folgt das für die allgemeine Mechanik nicht unwichtige Naturgesetz: | ||||||
| 03 | daß ein jeder Körper, wie groß auch seine Masse sei, durch den | ||||||
| 04 | Stoß eines jeden anderen, wie klein auch seine Masse oder Geschwindigkeit | ||||||
| 05 | sein mag, beweglich sein müsse. Denn der Bewegung von A in der | ||||||
| 06 | Richtung AB correspondirt nothwendiger Weise eine entgegengesetzte gleiche | ||||||
| 07 | Bewegung von B in der Richtung BA. Beide Bewegungen heben durch | ||||||
| 08 | den Stoß einander im absoluten Raume auf. Dadurch aber erhalten beide | ||||||
| 09 | Körper eine Geschwindigkeit Bd=Bc in der Richtung des stoßenden, | ||||||
| 10 | folglich ist der Körper B für jede noch so kleine Kraft des Anstoßes beweglich. | ||||||
| 12 | Zusatz 2. |
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| 13 | Dies ist also das mechanische Gesetz der Gleichheit der Wirkung | ||||||
| 14 | und Gegenwirkung, welches darauf beruht: daß keine Mittheilung der | ||||||
| 15 | Bewegung stattfinde, außer sofern eine Gemeinschaft dieser Bewegungen | ||||||
| 16 | vorausgesetzt wird; daß also kein Körper einen anderen Stoße, der in | ||||||
| 17 | Ansehung seiner ruhig ist, sondern, ist dieser es in Ansehung des | ||||||
| 18 | Raums, nur so fern er zusammt diesem Raume in gleichem Maße, | ||||||
| 19 | aber in entgegengesetzter Richtung bewegt, mit der Bewegung, die alsdann | ||||||
| 20 | dem ersteren zu seinem relativen Antheil fällt, zusammen allererst | ||||||
| 21 | die Quantität der Bewegung gebe, die wir dem ersten im absoluten | ||||||
| 22 | Raume beilegen würden. Denn keine Bewegung, die in Ansehung eines | ||||||
| 23 | anderen Körpers bewegend sein soll, kann absolut sein: ist sie aber relativ | ||||||
| 24 | in Ansehung des letzteren, so giebts keine Relation im Raume, die | ||||||
| 25 | nicht wechselseitig und gleich sei. - Es giebt aber noch ein anderes, nämlich | ||||||
| 26 | ein dynamisches Gesetz der Gleichheit der Wirkung und Gegenwirkung | ||||||
| 27 | der Materien, nicht so fern eine der anderen ihre Bewegung mittheilt, | ||||||
| 28 | sondern dieser ursprünglich ertheilt und durch deren Widerstreben | ||||||
| 29 | zugleich in sich hervorbringt. Diese läßt sich auf ähnliche Art leicht | ||||||
| 30 | darthun. Denn wenn die Materie A die Materie B zieht, so nöthigt sie | ||||||
| 31 | diese sich ihr zu nähern, oder, welches einerlei ist, jene widersteht der | ||||||
| 32 | Kraft, womit diese sich zu entfernen trachten möchte. Weil es aber einerlei | ||||||
| 33 | ist, ob B sich von A oder A von B entferne: so ist dieser Widerstand zugleich | ||||||
| 34 | ein Widerstand, den der Körper B gegen A ausübt, so fern er sich | ||||||
| 35 | von ihm zu entfernen trachten möchte, mithin sind Zug und Gegenzug | ||||||
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