Kant: AA IV, Metaphysische Anfangsgründe ... , Seite 524

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Anziehung aller Materie des Universum) unendlich verschieden gedacht      
  02 werden: weil die Anziehung auf der Menge der Materie in einem gegebenen      
  03 Raume beruht, da hingegen die expansive Kraft derselben auf dem Grade ihn zu      
  04 erfüllen, der specifisch sehr unterschieden sein kann (wie etwa dieselbe Quantität      
  05 Luft in demselben Volumen nach ihrer größeren oder minderen Erwärmung mehr      
  06 oder weniger Elasticität beweiset); wovon der allgemeine Grund dieser ist: daß      
  07 durch wahre Anziehung alle Theile der Materie unmittelbar auf alle Theile      
  08 der andern, durch expansive Kraft aber nur die in der Berührungsfläche      
  09 wirken, wobei es einerlei ist, ob hinter dieser viel oder wenig von dieser Materie      
  10 angetroffen werde. Hieraus allein entspringt nun schon ein großer Vortheil für      
  11 die Naturwissenschaft, weil ihr dadurch die Last abgenommen wird, aus dem Vollen      
  12 und Leeren eine Welt blos nach der Phantasie zu zimmern, vielmehr alle Räume      
  13 voll und doch in verschiednem Maße erfüllt gedacht werden können, wodurch der      
  14 leere Raum wenigstens seine Nothwendigkeit verliert und auf den Werth einer      
  15 Hypothese zurückgesetzt wird, da er sonst unter dem Vorwande einer zu Erklärung      
  16 der verschiedentlichen Grade der Erfüllung des Raums nothwendigen Bedingung      
  17 sich des Titels eines Grundsatzes anmaßen konnte.      
           
  18 Bei allem diesem ist der Vortheil einer hier methodisch=gebrauchten Metaphysik      
  19 in Abstellung gleichfalls metaphysischer, aber nicht auf die Probe der Kritik      
  20 gebrachter Principien augenscheinlich nur negativ. Indirect wird gleichwohl dadurch      
  21 dem Naturforscher sein Feld erweitert, weil die Bedingungen, durch die er es      
  22 vorher selbst einschränkte, und wodurch alle ursprüngliche Bewegungskräfte wegphilosophirt      
  23 wurden, jetzt ihre Gültigkeit verlieren. Man hüte sich aber über das,      
  24 was den allgemeinen Begriff einer Materie überhaupt möglich macht, hinaus zu      
  25 gehen und die besondere oder sogar specifische Bestimmung und Verschiedenheit      
  26 derselben a priori erklären zu wollen. Der Begriff der Materie wird auf lauter      
  27 bewegende Kräfte zurückgeführt, welches man auch nicht anders erwarten konnte,      
  28 weil im Raume keine Thätigkeit, keine Veränderung als blos Bewegung gedacht      
  29 werden kann. Allein wer will die Möglichkeit der Grundkräfte einsehen? Sie      
  30 können nur angenommen werden, wenn sie zu einem Begriff, von dem es erweislich      
  31 ist, daß er ein Grundbegriff sei, der von keinem anderen weiter abgeleitet werden      
  32 kann (wie der der Erfüllung des Raums), unvermeidlich gehören, und dieses      
  33 sind Zurückstoßungs= und ihnen entgegenwirkende Anziehungskräfte überhaupt.      
  34 Von dieser ihrer Verknüpfung und Folgen können wir allenfalls noch wohl a priori      
  35 urtheilen, welche Verhältnisse derselben untereinander man sich, ohne sich selbst zu      
  36 widersprechen, denken könne, aber sich darum doch nicht anmaßen, eine derselben      
  37 als wirklich anzunehmen, weil zur Befugniß eine Hypothese zu errichten unnachlaßlich      
  38 gefordert wird: daß die Möglichkeit dessen, was man annimmt, völlig      
  39 gewiß sei, bei Grundkräften aber die Möglichkeit derselben niemals eingesehen      
  40 werden kann. Und hierin hat die mathematisch=mechanische Erklärungsart über      
           
     

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