Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 380

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 und doch unberufenen Gegnern mit mehreren beehrt oder bestürmt      
  02 würde.      
           
  03

Vorschlag zu einer Untersuchung der Kritik,

     
  04

auf welche das Urtheil folgen kann.

     
           
  05 Ich bin dem gelehrten Publicum auch für das Stillschweigen verbunden,      
  06 womit es eine geraume Zeit hindurch meine Kritik beehrt hat;      
  07 denn dieses beweiset doch einen Aufschub des Urtheils und also einige Vermuthung,      
  08 daß in einem Werke, was alle gewohnte Wege verläßt und einen      
  09 neuen einschlägt, in den man sich nicht sofort finden kann, doch vielleicht      
  10 etwas liegen möge, wodurch ein wichtiger, aber jetzt abgestorbener Zweig      
  11 menschlicher Erkenntnisse neues Leben und Fruchtbarkeit bekommen könne,      
  12 mithin eine Behutsamkeit, durch kein übereiltes Urtheil das noch zarte      
  13 Pfropfreis abzubrechen und zu zerstören. Eine Probe eines aus solchen      
  14 Gründen verspäteten Urtheils kommt mir nur eben jetzt in der Gothaischen      
  15 gelehrten Zeitung vor Augen, dessen Gründlichkeit (ohne mein hiebei verdächtiges      
  16 Lob in Betracht zu ziehen) aus der faßlichen und unverfälschten      
  17 Vorstellung eines zu den ersten Principien meines Werks gehörigen Stücks      
  18 jeder Leser von selbst wahrnehmen wird.      
           
  19 Und nun Schlage ich vor, da ein weitläuftig Gebäude unmöglich durch      
  20 einen flüchtigen Überschlag sofort im Ganzen beurtheilt werden kann, es      
  21 von seiner Grundlage an Stück für Stück zu prüfen und hiebei gegenwärtige      
  22 Prolegomena als einen allgemeinen Abriß zu brauchen, mit welchem      
  23 dann gelegentlich das Werk selbst verglichen werden könnte. Dieses      
  24 Ansinnen, wenn es nichts weiter als meine Einbildung von Wichtigkeit,      
  25 die die Eitelkeit gewöhnlicher Maßen allen eigenen Producten leiht, zum      
  26 Grunde hätte, wäre unbescheiden und verdiente mit Unwillen abgewiesen      
  27 zu werden. Nun aber stehen die Sachen der ganzen speculativen Philosophie      
  28 so, daß sie auf dem Punkte sind, völlig zu erlöschen, obgleich die      
  29 menschliche Vernunft an ihnen mit nie erlöschender Neigung hängt, die      
  30 nur darum, weil sie unaufhörlich getäuscht wird, es jetzt, obgleich vergeblich      
  31 versucht, sich in Gleichgültigkeit zu verwandeln.      
  32 In unserm denkenden Zeitalter läßt sich nicht vermuthen, daß nicht      
  33 viele verdiente Männer jede gute Veranlassung benutzen sollten, zu dem      
  34 gemeinschaftlichen Interesse der sich immer mehr aufklärenden Vernunft      
  35 mit zu arbeiten, wenn sich nur einige Hoffnung zeigt, dadurch zum Zweck      
           
     

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