Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 311 |
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Text (Kant):
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01 | als blos aus der Erfahrung entlehnt und die Nothwendigkeit, die in ihnen | ||||||
02 | vorgestellt wird, als angedichtet und für bloßen Schein zu halten, den uns | ||||||
03 | eine lange Gewohnheit vorspiegelt; vielmehr habe ich hinreichend gezeigt, | ||||||
04 | daß sie und die Grundsätze aus denselben a priori vor aller Erfahrung | ||||||
05 | fest stehen und ihre ungezweifelte objective Richtigkeit, aber freilich nur | ||||||
06 | in Ansehung der Erfahrung haben. | ||||||
07 | § 28. |
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08 | Ob ich also gleich von einer solchen Verknüpfung der Dinge an sich | ||||||
09 | selbst, wie sie als Substanz existiren oder als Ursache wirken oder mit | ||||||
10 | andern (als Theile eines realen Ganzen) in Gemeinschaft stehen können, | ||||||
11 | nicht den mindesten Begriff habe, noch weniger aber dergleichen Eigenschaften | ||||||
12 | an Erscheinungen als Erscheinungen denken kann (weil jene Begriffe | ||||||
13 | nichts, was in den Erscheinungen liegt, sondern was der Verstand | ||||||
14 | allein denken muß, enthalten), so haben wir doch von einer solchen Verknüpfung | ||||||
15 | der Vorstellungen in unserm Verstande und zwar in Urtheilen | ||||||
16 | überhaupt einen dergleichen Begriff, nämlich: daß Vorstellungen in einer | ||||||
17 | Art Urtheile als Subject in Beziehung auf Prädicate, in einer anderen | ||||||
18 | als Grund in Beziehung auf Folge und in einer dritten als Theile, die | ||||||
19 | zusammen ein ganzes mögliches Erkenntniß ausmachen, gehören. Ferner | ||||||
20 | erkennen wir a priori: daß, ohne die Vorstellung eines Objects in Ansehung | ||||||
21 | eines oder des andern dieser Momente als bestimmt anzusehen, | ||||||
22 | wir gar keine Erkenntniß, die von dem Gegenstande gelte, haben könnten; | ||||||
23 | und wenn wir uns mit dem Gegenstande an sich selbst beschäftigten, so | ||||||
24 | wäre kein einziges Merkmal möglich, woran ich erkennen könnte, daß er | ||||||
25 | in Ansehung eines oder des andern gedachter Momente bestimmt sei, d. i. | ||||||
26 | unter den Begriff der Substanz oder der Ursache oder (im Verhältniß | ||||||
27 | gegen andere Substanzen) unter den Begriff der Gemeinschaft gehöre; | ||||||
28 | denn von der Möglichkeit einer solchen Verknüpfung des Daseins habe ich | ||||||
29 | keinen Begriff. Es ist aber auch die Frage nicht, wie Dinge an sich, sondern | ||||||
30 | wie Erfahrungserkenntniß der Dinge in Ansehung gedachter Momente | ||||||
31 | der Urtheile überhaupt bestimmt sei, d. i. wie Dinge als Gegenstände | ||||||
32 | der Erfahrung unter jene Verstandesbegriffe können und sollen | ||||||
33 | subsumirt werden. Und da ist es klar, daß ich nicht allein die Möglichkeit, | ||||||
34 | sondern auch die Nothwendigkeit, alle Erscheinungen unter diese Begriffe | ||||||
35 | zu subsumiren, d. i. sie zu Grundsätzen der Möglichkeit der Erfahrung zu | ||||||
36 | brauchen, vollkommen einsehe. | ||||||
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