Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 275 |
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01 | müssen sich also auf etwas stützen, was man schon als zuverlässig kennt, | ||||||
02 | von da man mit Zutrauen ausgehen und zu den Quellen aufsteigen kann, | ||||||
03 | die man noch nicht kennt, und deren Entdeckung uns nicht allein das, was | ||||||
04 | man wußte, erklären, sondern zugleich einen Umfang vieler Erkenntnisse, | ||||||
05 | die insgesammt aus den nämlichen Quellen entspringen, darstellen wird. | ||||||
06 | Das methodische Verfahren der Prolegomenen, vornehmlich derer, die zu | ||||||
07 | einer künftigen Metaphysik vorbereiten sollen, wird also analytisch sein. | ||||||
08 | Es trifft sich aber glücklicher Weise, daß, ob wir gleich nicht annehmen | ||||||
09 | können, daß Metaphysik als Wissenschaft wirklich sei, wir doch | ||||||
10 | mit Zuversicht sagen können, daß gewisse reine synthetische Erkenntniß | ||||||
11 | a priori wirklich und gegeben sei, nämlich reine Mathematik und reine | ||||||
12 | Naturwissenschaft; denn beide enthalten Sätze, die theils apodiktisch | ||||||
13 | gewiß durch bloße Vernunft, theils durch die allgemeine Einstimmung aus | ||||||
14 | der Erfahrung und dennoch als von Erfahrung unabhängig durchgängig | ||||||
15 | anerkannt werden. Wir haben also einige wenigstens unbestrittene | ||||||
16 | synthetische Erkenntniß a priori und dürfen nicht fragen, ob sie möglich | ||||||
17 | sei (denn sie ist wirklich), sondern nur wie sie möglich sei, um aus dem | ||||||
18 | Princip der Möglichkeit der gegebenen auch die Möglichkeit aller übrigen | ||||||
19 | ableiten zu können. | ||||||
20 | Prolegomena. |
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21 | Allgemeine Frage: |
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22 | Wie ist Erkenntniß aus reiner Vernunft möglich? |
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23 | § 5. |
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24 | Wir haben oben den mächtigen Unterschied der analytischen und synthetischen | ||||||
25 | Urtheile gesehen. Die Möglichkeit analytischer Sätze konnte | ||||||
26 | sehr leicht begriffen werden; denn sie gründet sich lediglich auf dem Satze | ||||||
27 | des Widerspruchs. Die Möglichkeit synthetischer Sätze a posteriori, d. i. | ||||||
28 | solcher, welche aus der Erfahrung geschöpft werden, bedarf auch keiner besondern | ||||||
29 | Erklärung; denn Erfahrung ist selbst nichts anders, als eine continuirliche | ||||||
30 | Zusammenfügung (Synthesis) der Wahrnehmungen. Es | ||||||
31 | bleiben uns also nur synthetische Sätze a priori übrig, deren Möglichkeit | ||||||
32 | gesucht oder untersucht werden muß, weil sie auf anderen Principien als | ||||||
33 | dem Satze des Widerspruchs beruhen muß. | ||||||
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