Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 233 |
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01 | Für diesen transscendentalen Idealism haben wir uns nun schon im | ||||||
02 | Anfange erklärt. Also fällt bei unserem Lehrbegriff alle Bedenklichkeit weg, | ||||||
03 | das Dasein der Materie eben so auf das Zeugniß unseres bloßen Selbstbewußtseins | ||||||
04 | anzunehmen und dadurch für bewiesen zu erklären, wie das | ||||||
05 | Dasein meiner selbst als eines denkenden Wesens. Denn ich bin mir doch | ||||||
06 | meiner Vorstellungen bewußt; also existiren diese und ich selbst, der ich diese | ||||||
07 | Vorstellungen habe. Nun sind aber äußere Gegenstände (die Körper) blos | ||||||
08 | Erscheinungen, mithin auch nichts anders als eine Art meiner Vorstellungen, | ||||||
09 | deren Gegenstände nur durch diese Vorstellungen etwas sind, von | ||||||
10 | ihnen abgesondert aber nichts sind. Also existiren eben sowohl äußere | ||||||
11 | Dinge, als ich selbst existire, und zwar beide auf das unmittelbare Zeugni | ||||||
12 | meines Selbstbewußtseins, nur mit dem Unterschiede, daß die Vorstellung | ||||||
13 | meiner selbst als des denkenden Subjects blos auf den innern, | ||||||
14 | die Vorstellungen aber, welche ausgedehnte Wesen bezeichnen, auch auf | ||||||
15 | den äußern Sinn bezogen werden. Ich habe in Absicht auf die Wirklichkeit | ||||||
16 | äußerer Gegenstände eben so wenig nöthig zu schließen, als in Ansehung | ||||||
17 | der Wirklichkeit des Gegenstandes meines innern Sinnes (meiner | ||||||
18 | Gedanken); denn sie sind beiderseitig nichts als Vorstellungen, deren unmittelbare | ||||||
19 | Wahrnehmung (Bewußtsein) zugleich ein genugsamer Beweis | ||||||
20 | ihrer Wirklichkeit ist. | ||||||
21 | Also ist der transscendentale Idealist ein empirischer Realist und gesteht | ||||||
22 | der Materie als Erscheinung eine Wirklichkeit zu, die nicht geschlossen | ||||||
23 | werden darf, sondern unmittelbar wahrgenommen wird. Dagegen kommt | ||||||
24 | der transscendentale Realismus nothwendig in Verlegenheit und sieht sich | ||||||
25 | genöthigt, dem empirischen Idealismus Platz einzuräumen, weil er die | ||||||
26 | Gegenstände äußerer Sinne für etwas von den Sinnen selbst Unterschiedenes | ||||||
27 | und bloße Erscheinungen für selbstständige Wesen ansieht, die | ||||||
28 | sich außer uns befinden; da denn freilich bei unserem besten Bewußtsein | ||||||
29 | unserer Vorstellung von diesen Dingen noch lange nicht gewiß ist, daß, | ||||||
30 | wenn die Vorstellung existirt, auch der ihr correspondirende Gegenstand | ||||||
31 | existire; dahingegen in unserem System diese äußere Dinge, die Materie | ||||||
32 | nämlich, in allen ihren Gestalten und Veränderungen nichts als bloße | ||||||
33 | Erscheinungen, d. i. Vorstellungen in uns, sind, deren Wirklichkeit wir | ||||||
34 | uns unmittelbar bewußt werden. | ||||||
35 | Da nun, so viel ich weiß, alle dem empirischen Idealismus anhängende | ||||||
36 | Psychologen transscendentale Realisten sind, so haben sie freilich | ||||||
37 | ganz consequent verfahren, dem empirischen Idealism große Wichtigkeit | ||||||
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