Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 207 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | Gültigen entgegensetzen; denn dieses letztere ist auf Bedingungen restringirt, | ||||||
| 02 | jenes aber gilt ohne Restriction. | ||||||
| 03 | Nun geht der transscendentale Vernunftbegriff jederzeit nur auf die | ||||||
| 04 | absolute Totalität in der Synthesis der Bedingungen und endigt niemals | ||||||
| 05 | als bei dem schlechthin, d. i. in jeder Beziehung Unbedingten. Denn die | ||||||
| 06 | reine Vernunft überläßt alles dem Verstande, der sich zunächst auf die | ||||||
| 07 | Gegenstände der Anschauung oder vielmehr deren Synthesis in der Einbildungskraft | ||||||
| 08 | bezieht. Jene behält sich allein die absolute Totalität im | ||||||
| 09 | Gebrauche der Verstandesbegriffe vor und sucht die synthetische Einheit, | ||||||
| 10 | welche in der Kategorie gedacht wird, bis zum Schlechthin=Unbedingten | ||||||
| 11 | hinauszuführen. Man kann daher diese die Vernunfteinheit der Erscheinungen, | ||||||
| 12 | so wie jene, welche die Kategorie ausdrückt, Verstandeseinheit | ||||||
| 13 | nennen. So bezieht sich demnach die Vernunft nur auf den Verstandesgebrauch | ||||||
| 14 | und zwar nicht, so fern dieser den Grund möglicher Erfahrung | ||||||
| 15 | enthält (denn die absolute Totalität der Bedingungen ist kein in | ||||||
| 16 | einer Erfahrung brauchbarer Begriff, weil keine Erfahrung unbedingt ist), | ||||||
| 17 | sondern um ihm die Richtung auf eine gewisse Einheit vorzuschreiben, von | ||||||
| 18 | der der Verstand keinen Begriff hat und die darauf hinaus geht, alle | ||||||
| 19 | Verstandeshandlungen in Ansehung eines jeden Gegenstandes in ein absolutes | ||||||
| 20 | Ganze zusammen zu fassen. Daher ist der objective Gebrauch | ||||||
| 21 | der reinen Vernunftbegriffe jederzeit transscendent, indessen daß der | ||||||
| 22 | von den reinen Verstandesbegriffen seiner Natur nach jederzeit immanent | ||||||
| 23 | sein muß, indem er sich blos auf mögliche Erfahrung einschränkt. | ||||||
| 24 | Ich verstehe unter der Idee einen nothwendigen Vernunftbegriff, dem | ||||||
| 25 | kein congruirender Gegenstand in den Sinnen gegeben werden kann. Also | ||||||
| 26 | sind unsere jetzt erwogene reine Vernunftbegriffe transscendentale | ||||||
| 27 | Ideen. Sie sind Begriffe der reinen Vernunft; denn sie betrachten alles | ||||||
| 28 | Erfahrungserkenntniß als bestimmt durch eine absolute Totalität der Bedingungen. | ||||||
| 29 | sie sind nicht willkürlich erdichtet, sondern durch die Natur der | ||||||
| 30 | Vernunft selbst aufgegeben und beziehen sich daher nothwendiger Weise | ||||||
| 31 | auf den ganzen Verstandesgebrauch. Sie sind endlich transscendent und | ||||||
| 32 | übersteigen die Gränze aller Erfahrung, in welcher also niemals ein Gegenstand | ||||||
| 33 | vorkommen kann, der der transscendentalen Idee adäquat wäre. | ||||||
| 34 | Wenn man eine Idee nennt, so sagt man dem Object nach (als von einem | ||||||
| 35 | Gegenstande des reinen Verstandes) sehr viel, dem Subjecte nach aber | ||||||
| 36 | (d. i. in Ansehung seiner Wirklichkeit unter empirischer Bedingung) eben | ||||||
| 37 | darum sehr wenig, weil sie als der Begriff eines Maximum in concreto | ||||||
| [ Seite 206 ] [ Seite 208 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||