Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 171 |
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01 | Dinge urtheilen will. Wir wollen sie jetzt zur Hand nehmen und werden | ||||||
02 | daraus für die Bestimmung des eigentlichen Geschäfts des Verstandes | ||||||
03 | nicht wenig Licht ziehen. | ||||||
04 | 1. Einerleiheit und Verschiedenheit. Wenn uns ein Gegenstand | ||||||
05 | mehrmals, jedesmal aber mit eben denselben innern Bestimmungen | ||||||
06 | ( qualitas et quantitas ) dargestellt wird, so ist derselbe, wenn er als Gegenstand | ||||||
07 | des reinen Verstandes gilt, immer eben derselbe und nicht viel, | ||||||
08 | sondern nur ein Ding ( numerica identitas ); ist er aber Erscheinung, so | ||||||
09 | kommt es auf die Vergleichung der Begriffe gar nicht an, sondern so sehr | ||||||
10 | auch in Ansehung derselben alles einerlei sein mag, ist doch die Verschiedenheit | ||||||
11 | der Örter dieser Erscheinung zu gleicher Zeit ein genugsamer Grund | ||||||
12 | der numerischen Verschiedenheit des Gegenstandes (der Sinne) selbst. | ||||||
13 | So kann man bei zwei Tropfen Wasser von aller innern Verschiedenheit (der | ||||||
14 | Qualität und Quantität) völlig abstrahiren, und es ist genug, daß sie in | ||||||
15 | verschiedenen Örtern zugleich angeschaut werden, um sie für numerisch verschieden | ||||||
16 | zu halten. Leibniz nahm die Erscheinungen als Dinge an sich | ||||||
17 | selbst, mithin für intelligibilia , d. i. Gegenstände des reinen Verstandes | ||||||
18 | (ob er gleich wegen der Verworrenheit ihrer Vorstellungen dieselben mit | ||||||
19 | dem Namen der Phänomene belegte), und da konnte sein Satz des Nichtzuunterscheidenden | ||||||
20 | ( principium identitatis indiscernibilium ) allerdings | ||||||
21 | nicht gestritten werden; da sie aber Gegenstände der Sinnlichkeit sind, und | ||||||
22 | der Verstand in Ansehung ihrer nicht von reinem, sondern blos empirischem | ||||||
23 | Gebrauche ist, so wird die Vielheit und numerische Verschiedenheit schon | ||||||
24 | durch den Raum selbst als die Bedingung der äußeren Erscheinungen | ||||||
25 | angegeben. Denn ein Theil des Raums, ob er zwar einem andern völlig | ||||||
26 | ähnlich und gleich sein mag, ist doch außer ihm und eben dadurch ein vom | ||||||
27 | ersteren verschiedener Theil, der zu ihm hinzukommt, um einen größeren | ||||||
28 | Raum auszumachen, und dieses muß daher von allem, was in den mancherlei | ||||||
29 | Stellen des Raums zugleich ist, gelten, so sehr es sich sonst auch | ||||||
30 | ähnlich und gleich sein mag. | ||||||
31 | 2. Einstimmung und Widerstreit. Wenn Realität nur durch den | ||||||
32 | reinen Verstand vorgestellt wird ( realitas noumenon ), so läßt sich zwischen | ||||||
33 | den Realitäten kein Widerstreit denken, d. i. ein solches Verhältniß, da sie, | ||||||
34 | in einem Subject verbunden, einander ihre Folgen aufheben, und 3-3 = 0 | ||||||
35 | sei. Dagegen kann das Reale in der Erscheinung ( realitas phaenomenon ) | ||||||
36 | unter einander allerdings im Widerstreit sein und, vereint in demselben | ||||||
37 | Subject, eines die Folge des andern ganz oder zum Theil vernichten, | ||||||
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