Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 095 |
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01 | möglich, ja gar in Beziehung auf Erfahrung nothwendig, weil unser Erkenntniß | ||||||
02 | mit nichts als Erscheinungen zu thun hat, deren Möglichkeit in | ||||||
03 | uns selbst liegt, deren Verknüpfung und Einheit (in der Vorstellung eines | ||||||
04 | Gegenstandes) blos in uns angetroffen wird, mithin vor aller Erfahrung | ||||||
05 | vorhergehen und diese der Form nach auch allererst möglich machen muß. | ||||||
06 | Und aus diesem Grunde, dem einzigmöglichen unter allen, ist denn auch | ||||||
07 | unsere Deduction der Kategorien geführt worden. | ||||||
08 | Der |
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09 | Transscendentalen Analytik |
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10 | Zweites Buch. |
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11 | Die Analytik der Grundsätze. |
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12 | Die allgemeine Logik ist über einem Grundrisse erbauet, der ganz | ||||||
13 | genau mit der Eintheilung der oberen Erkenntnißvermögen zusammen | ||||||
14 | trifft. Diese sind: Verstand, Urtheilskraft und Vernunft. Jene Doctrin | ||||||
15 | handelt daher in ihrer Analytik von Begriffen, Urtheilen und Schlüssen | ||||||
16 | gerade den Functionen und der Ordnung jener Gemüthskräfte gemäß, | ||||||
17 | die man unter der weitläuftigen Benennung des Verstandes überhaupt | ||||||
18 | begreift. | ||||||
19 | Da gedachte blos formale Logik von allem Inhalte der Erkenntniß | ||||||
20 | (ob sie rein oder empirisch sei) abstrahirt und sich blos mit der Form des | ||||||
21 | Denkens (der discursiven Erkenntniß) überhaupt beschäftigt: so kann sie | ||||||
22 | in ihrem analytischen Theile auch den Kanon für die Vernunft mit befassen, | ||||||
23 | deren Form ihre sichere Vorschrift hat, die, ohne die besondere | ||||||
24 | Natur der dabei gebrauchten Erkenntniß in Betracht zu ziehen, a priori | ||||||
25 | durch bloße Zergliederung der Vernunfthandlungen in ihre Momente eingesehen | ||||||
26 | werden kann. | ||||||
27 | Die transscendentale Logik, da sie auf einen bestimmten Inhalt, | ||||||
28 | nämlich blos der reinen Erkenntnisse a priori, eingeschränkt ist, kann es | ||||||
29 | ihr in dieser Eintheilung nicht nachthun. Denn es zeigt sich: daß der | ||||||
30 | transscendentale Gebrauch der Vernunft gar nicht objectiv gültig | ||||||
31 | sei, mithin nicht zur Logik der Wahrheit, d. i. der Analytik, gehöre, | ||||||
32 | sondern als eine Logik des Scheins einen besonderen Theil des scholastischen | ||||||
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