Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 065 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
01 | so ist unser Zählen (vornehmlich ist es in größeren Zahlen merklicher) eine | ||||||
02 | Synthesis nach Begriffen, weil sie nach einem gemeinschaftlichen | ||||||
03 | Grunde der Einheit geschieht (z. E. der Dekadik). Unter diesem Begriffe | ||||||
04 | wird also die Einheit in der Synthesis des Mannigfaltigen nothwendig. | ||||||
05 | Analytisch werden verschiedene Vorstellungen unter einen Begriff | ||||||
06 | gebracht (ein Geschäfte, wovon die allgemeine Logik handelt). Aber nicht | ||||||
07 | die Vorstellungen, sondern die reine Synthesis der Vorstellungen auf | ||||||
08 | Begriffe zu bringen, lehrt die transscendentale Logik. Das erste, was uns | ||||||
09 | zum Behuf der Erkenntniß aller Gegenstände a priori gegeben sein muß, | ||||||
10 | ist das Mannigfaltige der reinen Anschauung; die Synthesis dieses | ||||||
11 | Mannigfaltigen durch die Einbildungskraft ist das zweite, giebt aber noch | ||||||
12 | keine Erkenntniß. Die Begriffe, welche dieser reinen Synthesis Einheit | ||||||
13 | geben und lediglich in der Vorstellung dieser nothwendigen synthetischen | ||||||
14 | Einheit bestehen, thun das dritte zum Erkenntnisse eines vorkommenden | ||||||
15 | Gegenstandes und beruhen auf dem Verstande. | ||||||
16 | Dieselbe Function, welche den verschiedenen Vorstellungen in einem | ||||||
17 | Urtheile Einheit giebt, die giebt auch der bloßen Synthesis verschiedener | ||||||
18 | Vorstellungen in einer Anschauung Einheit, welche, allgemein ausgedrückt, | ||||||
19 | der reine Verstandesbegriff heißt. Derselbe Verstand also und | ||||||
20 | zwar durch eben dieselbe Handlungen, wodurch er in Begriffen vermittelst | ||||||
21 | der analytischen Einheit die logische Form eines Urtheils zu Stande | ||||||
22 | brachte, bringt auch vermittelst der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen | ||||||
23 | in der Anschauung überhaupt in seine Vorstellungen einen transscendentalen | ||||||
24 | Inhalt, weswegen sie reine Verstandesbegriffe heißen, die | ||||||
25 | a priori auf Objecte gehen, welches die allgemeine Logik nicht leisten kann. | ||||||
26 | Auf solche Weise entspringen gerade so viel reine Verstandesbegriffe, | ||||||
27 | welche a priori auf Gegenstände der Anschauung überhaupt gehen, als es | ||||||
28 | in der vorigen Tafel logische Functionen in allen möglichen Urtheilen | ||||||
29 | gab: denn der Verstand ist durch gedachte Functionen völlig erschöpft und | ||||||
30 | sein Vermögen dadurch gänzlich ausgemessen. Wir wollen diese Begriffe | ||||||
31 | nach dem Aristoteles Kategorien nennen, indem unsre Absicht uranfänglich | ||||||
32 | mit der seinigen zwar einerlei ist, ob sie sich gleich davon in | ||||||
33 | der Ausführung gar sehr entfernt. | ||||||
[ Seite 064 ] [ Seite 066 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |