Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 533

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 drei Stufen: Meinen, Glauben und Wissen. Meinen ist ein mit Bewußtsein      
  02 sowohl subjectiv, als objectiv unzureichendes Fürwahrhalten.      
  03 Ist das letztere nur subjectiv zureichend und wird zugleich für objectiv unzureichend      
  04 gehalten, so heißt es Glauben. Endlich heißt das sowohl      
  05 subjectiv als objectiv zureichende Fürwahrhalten das Wissen. Die subjective      
  06 Zulänglichkeit heißt Überzeugung (für mich selbst), die objective      
  07 Gewißheit (für jedermann). Ich werde mich bei der Erläuterung so      
  08 faßlicher Begriffe nicht aufhalten.      
           
  09 Ich darf mich niemals unterwinden, zu meinen, ohne wenigstens      
  10 etwas zu wissen, vermittelst dessen das an sich bloß problematische Urtheil      
  11 eine Verknüpfung mit Wahrheit bekommt, die, ob sie gleich nicht vollständig,      
  12 doch mehr als willkürliche Erdichtung ist. Das Gesetz einer solchen      
  13 Verknüpfung muß überdem gewiß sein. Denn wenn ich in Ansehung dessen      
  14 auch nichts als Meinung habe, so ist alles nur Spiel der Einbildung      
  15 ohne die mindeste Beziehung auf Wahrheit. In Urtheilen aus reiner      
  16 Vernunft ist es gar nicht erlaubt, zu meinen. Denn weil sie nicht auf      
  17 Erfahrungsgründe gestützt werden, sondern alles a priori erkannt werden      
  18 soll, wo alles nothwendig ist, so erfordert das Princip der Verknüpfung      
  19 Allgemeinheit und Nothwendigkeit, mithin völlige Gewißheit, widrigenfalls      
  20 gar keine Leitung auf Wahrheit angetroffen wird. Daher ist es ungereimt,      
  21 in der reinen Mathematik zu meinen; man muß wissen, oder sich      
  22 alles Urtheilens enthalten. Eben so ist es mit den Grundsätzen der Sittlichkeit      
  23 bewandt, da man nicht auf bloße Meinung, daß etwas erlaubt      
  24 sei, eine Handlung wagen darf, sondern dieses wissen muß.      
           
  25 Im transscendentalen Gebrauche der Vernunft ist dagegen Meinen      
  26 freilich zu wenig, aber Wissen auch zu viel. In bloß speculativer Absicht      
  27 können wir also hier gar nicht urtheilen: weil subjective Gründe des Fürwahrhaltens      
  28 wie die, so das Glauben bewirken können, bei speculativen      
  29 Fragen keinen Beifall verdienen, da sie sich frei von aller empirischen      
  30 Beihülfe nicht halten, noch in gleichem Maße andern mittheilen lassen.      
           
  31 Es kann aber überall bloß in praktischer Beziehung das theoretisch      
  32 unzureichende Fürwahrhalten Glauben genannt werden. Diese praktische      
  33 Absicht ist nun entweder die der Geschicklichkeit, oder der Sittlichkeit,      
  34 die erste zu beliebigen und zufälligen, die zweite aber zu schlechthin      
  35 nothwendigen Zwecken.      
           
  36 Wenn einmal ein Zweck vorgesetzt ist, so sind die Bedingungen der      
  37 Erreichung desselben hypothetisch nothwendig. Diese Nothwendigkeit ist      
           
     

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