Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 450

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 ursprünglich denkt, aus demselben einen Vernunftbegriff (Idee) von einer      
  02 einfachen Substanz, die, an sich selbst unwandelbar (persönlich identisch),      
  03 mit andern wirklichen Dingen außer ihr in Gemeinschaft stehe; mit einem      
  04 Worte: von einer einfachen selbstständigen Intelligenz. Hiebei aber hat sie      
  05 nichts anders vor Augen, als Principien der systematischen Einheit in Erklärung      
  06 der Erscheinungen der Seele, nämlich alle Bestimmungen als in      
  07 einem einigen Subjecte, alle Kräfte, so viel möglich, als abgeleitet von      
  08 einer einigen Grundkraft, allen Wechsel als gehörig zu den Zuständen      
  09 eines und desselben beharrlichen Wesens zu betrachten und alle Erscheinungen      
  10 im Raume als von den Handlungen des Denkens ganz unterschieden      
  11 vorzustellen. Jene Einfachheit der Substanz etc. sollte nur das      
  12 Schema zu diesem regulativen Princip sein und wird nicht vorausgesetzt,      
  13 als sei sie der wirkliche Grund der Seeleneigenschaften. Denn diese können      
  14 auch auf ganz anderen Gründen beruhen, die wir garnicht kennen; wie      
  15 wir denn die Seele auch durch diese angenommene Prädicate eigentlich      
  16 nicht an sich selbst erkennen könnten, wenn wir sie gleich von ihr schlechthin      
  17 wollten gelten lassen, indem sie eine bloße Idee ausmachen, die in      
  18 concreto gar nicht vorgestellt werden kann. Aus einer solchen psychologischen      
  19 Idee kann nun nichts andres als Vortheil entspringen, wenn man      
  20 sich nur hütet, sie für etwas mehr als bloße Idee, d. i. bloß relativisch auf      
  21 den systematischen Vernunftgebrauch in Ansehung der Erscheinungen      
  22 unserer Seele, gelten zu lassen. Denn da mengen sich keine empirische      
  23 Gesetze körperlicher Erscheinungen, die ganz von anderer Art sind, in die      
  24 Erklärungen dessen, was bloß vor den inneren Sinn gehört: da werden      
  25 keine windige Hypothesen von Erzeugung, Zerstörung und Palingenesie      
  26 der Seelen etc. zugelassen; also wird die Betrachtung dieses Gegenstandes      
  27 des inneren Sinnes ganz rein und unvermengt mit ungleichartigen      
  28 Eigenschaften angestellt, überdem die Vernunftuntersuchung darauf gerichtet,      
  29 die Erklärungsgründe in diesem Subjecte, so weit es möglich ist,      
  30 auf ein einziges Princip hinaus zu führen; welches alles durch ein solches      
  31 Schema, als ob es ein wirkliches Wesen wäre, am besten, ja sogar einzig      
  32 und allein bewirkt wird. Die psychologische Idee kann auch nichts andres      
  33 als das Schema eines regulativen Begriffs bedeuten. Denn wollte ich      
  34 auch nur fragen, ob die Seele nicht an sich geistiger Natur sei, so hätte      
  35 diese Frage gar keinen Sinn. Denn durch einen solchen Begriff nehme      
           
     

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