Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 426 |
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01 | gebe, oder daß ihm keine von den Eigenschaften zukomme, welche wir ihren | ||||||
02 | Folgen nach als analogisch mit den dynamischen Realitäten eines denkenden | ||||||
03 | Wesens uns vorstellen, oder daß sie in dem letzteren Falle auch allen | ||||||
04 | Einschränkungen unterworfen sein müßten, welche die Sinnlichkeit den | ||||||
05 | Intelligenzen, die wir durch Erfahrung kennen, unvermeidlich auferlegt. | ||||||
06 | Das höchste Wesen bleibt also für den bloß speculativen Gebrauch | ||||||
07 | der Vernunft ein bloßes, aber doch fehlerfreies Ideal, ein Begriff | ||||||
08 | welcher die ganze menschliche Erkenntniß schließt und krönt, dessen objective | ||||||
09 | Realität auf diesem Wege zwar nicht bewiesen, aber auch nicht widerlegt | ||||||
10 | werden kann; und wenn es eine Moraltheologie geben sollte, die diesen | ||||||
11 | Mangel ergänzen kann, so beweiset alsdann die vorher nur problematische | ||||||
12 | transscendentale Theologie ihre Unentbehrlichkeit durch Bestimmung ihres | ||||||
13 | Begriffs und unaufhörliche Censur einer durch Sinnlichkeit oft genug getäuschten | ||||||
14 | und mit ihren eigenen Ideen nicht immer einstimmigen Vernunft. | ||||||
15 | Die Nothwendigkeit, die Unendlichkeit, die Einheit, das Dasein | ||||||
16 | außer der Welt (nicht als Weltseele), die Ewigkeit ohne Bedingungen der | ||||||
17 | Zeit, die Allgegenwart ohne Bedingungen des Raumes, die Allmacht etc. | ||||||
18 | sind lauter transscendentale Prädicate, und daher kann der gereinigte | ||||||
19 | Begriff derselben, den eine jede Theologie so sehr nöthig hat, bloß aus der | ||||||
20 | transscendentalen gezogen werden. | ||||||
21 | Anhang |
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22 | zur transscendentalen Dialektik. |
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23 | Von dem regulativen Gebrauch der Ideen der |
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24 | reinen Vernunft. |
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25 | Der Ausgang aller dialektischen Versuche der reinen Vernunft bestätigt | ||||||
26 | nicht allein, was wir schon in der transscendentalen Analytik bewiesen, | ||||||
27 | nämlich daß alle unsere Schlüsse, die uns über das Feld möglicher | ||||||
28 | Erfahrung hinausführen wollen, trüglich und grundlos sind; sondern er | ||||||
29 | lehrt uns zugleich dieses Besondere: daß die menschliche Vernunft dabei | ||||||
30 | einen natürlichen Hang habe, diese Grenze zu überschreiten, daß transscendentale | ||||||
31 | Ideen ihr eben so natürlich seien, als dem Verstande die Kategorien, | ||||||
32 | obgleich mit dem Unterschiede, daß, so wie die letztern zur Wahrheit, | ||||||
33 | d. i. der Übereinstimmung unserer Begriffe mit dem Objecte, führen, | ||||||
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